Seit Jahren gibt es personelle Probleme, nun löst sich der Gewerbeverein auf Vorstand zieht die Reißleine

Nachdem sich der Gewerbeverein Erlensee aufgelöst hat, haben die Einzelhändler und Gewerbetreibenden der Stadt keine Vertretung mehr. Gleichzeitig schließt der nächste Laden in der Ladenzeile am Rathaus.

Erlensee – „Diese Entwicklung hat sich in den vergangenen vier Jahren abgezeichnet“, bedauert Heinz Schneider, bisheriger Vorsitzender des Gewerbevereins Erlensee, der sich nun aufgelöst hat. Am 24. April wurde der Verein vom Amtsgericht Hanau auf Antrag aufgelöst, teilt der Verein in einer Pressemitteilung mit. Als Liquidatoren seien unter anderem der erste Vorsitzende Heinz Schneider, der stellvertretenden Vorsitzende Horst Walther sowie die Kassiererin Iris Viel benannt worden.

Auf Nachfrage berichtet Heinz Schneider, der eigentlich selbst kein Gewerbe in Erlensee führt, dass der Verein am Ende nur noch knapp 50 Mitglieder gehabt hatte. „Und wir waren überaltert, junge Gewerbetreibende haben heutzutage keine Zeit mehr für diese ehrenamtliche Aufgabe“, so der 74-Jährige. Seit rund fünf Jahren habe der Gewerbeverein versucht, ähnlich wie es Bruchköbel vormacht, gemeinsam mit der Stadt Strategien für ein Stadtmarketing zu entwickeln. „Letztendlich ist das nicht zustande gekommen wegen fehlender Manpower und finanzieller Mittel“, so Schneider, der viele Jahr bei der Stadt als Fachbereichsleiter für Bauwesen und Wirtschaftsförderung tätig war.

Er sucht keine Schuldigen, sondern analysiert die Lage nüchtern und sachlich. Für ein wirkungsvolles und sinnvolles Stadtmarketing brauche es Profis. „Nebenher und ehrenamtlich ist das nicht mehr zu machen“, sieht er die Unterschiede zu den Anfangsjahren des Erlenseer Gewerbevereins. Eigentlich müsste dazu ein Fachmann beziehungsweise eine Fachfrau hauptamtlich eingestellt werden.

Auch der früher beliebte Erlenseer Sonntag sei in den vergangenen Jahren – auch noch vor Corona – immer weiter geschrumpft. Der Vorstand habe ohne Erfolg versucht, jüngere Gewerbetreibende und Einzelhändler für diese Veranstaltung zu gewinnen. Dabei seien derartige Aktionen und Veranstaltungen wichtig. „Aber dafür muss Geld in die Hand genommen werden.“

Schneider, der nach seinem Renteneintritt seit 2013 Vorsitzender war, bedauert die Auflösung des Gewerbevereins, denn nun verliere das Gewerbe seine Stimme und ein wichtiges Netzwerk.

In Vertretung von Bürgermeister Stefan Erb, der im Urlaub weilt, sagt Erste Stadträtin Birgit Behr , dass die Auflösung des Vereins für die Stadt ein großer Verlust sei. Sie berichtet, dass Verein und Stadt seit Jahren in Gesprächen gewesen seien, um gemeinsam eine Vermarktung der Innenstadt auf die Beine zustellen. Aber die Stadt bleibe auch ohne Gewerbeverein an dem Thema dran, so Behr. „Wir gehen weiter in Richtung Stadtmarketing, Details sind aber noch nicht spruchreif“, so die Erste Stadträtin. Auf dem Weg dahin müssten viele Punkte abgearbeitet werden. „Wir brauchen ein innerstädtisches Konzept“, so Behr, „darin sollte ein Vorkaufsrecht für die Stadt ähnlich wie in Hanau festgeschrieben werden“. In Hanau hat die Stadt vorrangig Zugriff auf freie Immobilien in der Stadt. Dieses innerstädtische Konzept hat Erlensee laut Behr ausgeschrieben.

Unterdessen verabschiedet sich ein weiteres Geschäft aus der Ladenzeile am Rathaus. Das Blumengeschäft räumt sein Lager und wird Ende Juli schließen. Behr räumt ein: „Eine richtig schöne Innenstadt gibt es in Erlensee leider nicht.“ Dabei sei gerade die Infrastruktur in der Innenstadt entscheidend, weiß Schneider, der sich seit Jahrzehnten mit Stadtentwicklung befasst. „An der Infrastruktur muss etwas gemacht werden, denn die Menschen, die nach Erlensee ziehen, wollen auch etwas in der Stadt erleben.“ Er hofft daher, dass die Auflösung des Gewerbevereins eher ein Weckruf für alle sei und die Einsicht überhand gewinne, dass erfolgreiche Stadtentwicklung nur mit Profis gelinge.
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