Ornithologe Gogné fürchtet um „einzigartiges Stück Natur“ in Roßdorf Angst um kleines Vogelparadies

Der Roßdorfer Naturschützer Rolf Gogné kämpft für den Erhalt des Wiesen- und Ackerstücks, das einer Verbindungsstraße zur B 45 geopfert werden könnte. Foto: Holger Weber

Bruchköbel – Rolf Gogné will zu Beginn des Gesprächs eines vorwegsagen: „Ich bin keiner, der sich dem Fortschritt und jeder Baumaßnahme in den Weg stellt.“ Eigentlich habe er sich noch nie zu Wort gemeldet, wenn in der Stadt ein Baugebiet erschlossen oder eine Straße gebaut worden sei. Das sei diesmal jedoch anders. „Diesmal“, betont der Roßdorfer Ornithologe und Gründer des NABU-Kreisverbandes, „gehe ich, wenn es sein muss, auf die Barrikaden.“

Es nieselt, der 79-Jährige steht an diesem nasskalten Morgen auf dem Wiesenstück gleich westlich vom Roßdorfer Pferdchenkreisel. Hier, wo die Landschaft von Wiesen, Ackerflächen und einigen dichten Heckenbändern geprägt wird, könnte in einer noch unbestimmten Zeit eine Straße gebaut werden. Die sogenannte Roßdorfer Querspange würde den Pferdchenkreisel mit der Bundesstraße 45 verbinden. Das Vorhaben war bereits beim Bau der Bundesstraße diskutiert und nicht zuletzt aufgrund von Protesten seitens der Anwohner fallengelassen worden. Jetzt hat das Land Hessen das Projekt wiederentdeckt und sogar auf seine Prioritätenliste gesetzt, weil man eine besonders hohe „Dringlichkeit im Hinblick auf Unfallhäufigkeit, Lärm und Schadstoffsituation“ erkannt haben will. So jedenfalls steht es in einer gemeinsamen Pressemitteilung, die der heimische CDU-Landtagsabgeordnete Max Schad und der Stadtverband der Bruchköbeler CDU vor nicht allzu langer Zeit verschickt hatten. Die Entscheidung darüber, ob man die Pläne weiterverfolgt, liegt jedoch bei der Bruchköbeler Stadtverordnetenversammlung.

Gogné meint, solche Pläne könne nur jemand verfolgen, der von den Begebenheiten vor Ort keine Ahnung habe. „Diese Straße würde ein einzigartiges Stück Natur unwiederbringlich zerstören.“ Was selbst viele Roßdorfer nicht wüssten: Früher gab es in dem betreffenden Gebiet, gleich am Kreisel gelegen, eine Tongrube, aus der man Boden zum Brennen von Ziegelsteinen entnommen habe. Die Erde zwischen Kreisel und Bundesstraße sei so feucht, dass sie selbst in heißen Sommern nie ganz austrockne. Für Vögel und Insekten sei sie deshalb ein Paradies, ein Stück Land, das sich in einem ökologischen Gleichgewicht befinde. „So einen Ort gibt es in ganz Bruchköbel nicht“, fügt der Ornithologe hinzu. „Goldammer, Girlitz, Distelfink“, zählt Gogné auf, während er durch sein Vogelbuch blättert, „das sind alles seltene und vom Aussterben bedrohte Arten“, sagt er. Und alle diese Arten hätten in den dichten Hecken und Büschen noch eine Heimat. Stadtteile wie Roßdorf, Niederissigheim und Oberissigheim hätten keinen Wald wie Nidderau. Für die Vogelwelt stelle diese Landschaft eine Insel, eine Oase dar, sagt Gogné.

Gogné, viele Jahre auch Vorsitzender des 300 Mitglieder zählenden Vogelschutzvereins in Roßdorf, fühlt sich in seinem Kampf gegen das Straßenprojekt nicht allein. Sein Telefon habe in den Tagen nach Bekanntwerden der Pläne kaum noch stillgestanden. Er habe zahlreiche Anrufe von Menschen aus Niederissigheim und Oberissigheim bekommen. Der Tenor: „Es darf nicht passieren, dass diese Landschaft einer Straße geopfert wird“, sagt er.

VON HOLGER WEBER