Integration aus der Sicht von geflüchteten Frauen Mut und Stärke sind gefragt

Bei einer Friedensstation im evangelischen Gemeindehaus Erlensee erzählten vier Frauen unterschiedlicher Herkunft ihre Lebens- und Integrationsgeschichten.

Erlensee/Region – Frauen unterschiedlicher Herkunft erzählten offen ihre Lebens- und Integrationsgeschichten und stellten sich den Fragen der Runde. Sie taten dies im Rahmen einer Friedensstation des Netzwerkes gegen Extremismus der „Partnerschaft für Demokratie!“ Erlensee & Rodenbach.

Eingeladen hatten die Familie International (FamI) aus Erlensee und Frauen der Ahmadiyya-Moschee Hanau/Erlensee. Die Veranstaltung im evangelischen Gemeindehaus moderierte Anita Losch (Fach- und Koordinierungsstelle Erlensee).

Die Friedensstationen, so Losch, wollen im Gespräch wesentliche Fragen herausarbeiten, mit dem Ziel, eine solidarische Gesellschaft zu stärken. Thema an diesem Nachmittag war der Prozess der „Integration in Deutschland aus Sicht von geflüchteten Frauen“.

Ausgangspunkt der Gesprächsrunde war ein Impulsvortrag zum Thema „Identität und Identitätsentwicklung“, deren Faktoren und komplexes Zusammenspiel von Selbstbild und Außenwahrnehmung. Erläutert wurde der Begriff der „hybriden Identität“, der besagt, dass Menschen in zwei oder mehreren kulturellen Räumen „zu Hause sind“.

Nida Hirsch beispielsweise ist Schöneckerin mit pakistanischen Wurzeln. Ihre Großmutter konnte auf dem Lande in Pakistan nur wenige Jahre die Schule besuchen, ihre Mutter hingegen machte Abitur, musste dafür im Internat leben.

In Pakistan, so Nida Hirsch, haben Kinder auf dem Land noch nicht die gleichen Bildungschancen wie in der Stadt. Der Aufwand ist größer, aber für Mädchen und Jungen stehen die Schulen und Universitäten offen. Auch dass Frauen einen höheren Bildungsabschluss haben als ihre Männer, kommt in Pakistan vor. Sie selbst und ihre drei Geschwister absolvieren alle eine Studium. Nida selbst steckt gerade mitten in der Promotion. Sie ist verheiratet – mit einem deutschen Mann – und Mutter von zwei Kindern.

Roya Allaf wiederum kam vor 18 Jahren aus Afghanistan nach Deutschland. Sie hat sich über Sprachkurse und viele, viele Weiterbildungen als Sachbearbeiterin in der Ausländerbehörde des Main-Kinzig-Kreises qualifiziert. Weiterhin bleibt sie in Erlensee als Integrationslotsin und für FamI aktiv – Herzensangelegenheit, wie sie sagt.

Die Frauen, die mutig ihre Geschichte erzählt haben, stehen beispielhaft für viele weitere, die wertvolle Erfahrungen mitbringen. Sie brauchen oft Zeit, die Sprache zu finden und oft sind Schicksalsschläge zu verarbeiten.

Die Beispiele stünden für tolle, starke Frauen, so Anita Losch. „Ihr bringt viele wertvolle Erfahrungen als ein gutes Paket mit.“ Einige der Frauen sehen ihre „Hybrid-Identität“ als Bereicherung und Chance und leisten als Integrationslotsinnen „kulturvermittelnd“ große Dienste.

Dennoch wurde gegen Ende der Gesprächsrunde deutlich, dass die Frauen sich noch an vielen Punkten im Nachteil sehen. Insbesondere das Kopftuch sei vielen Menschen nach wie vor ein Dorn im Auge. Man spürte, die Frauen sind es leid, nach ihrer Bekleidung beurteilt zu werden. Viele Fragen wurden angerissen an diesem Nachmittag im evangelischen Gemeindehaus in Erlensee, und die Frauen gingen mit der festen Absicht auseinander, das Gespräch fortzusetzen.

Die nächste Friedensstation findet als „Begegnungsprojekt gegen Extremismus“ statt, am Donnerstag, 15. September, von 19 bis 21 Uhr im Trägerverein Schützenhof, Oberrodenbach, Hanauer Straße 8.
 upo