Infos über „200 Jahre Raiffeisen“ im Karl-Mayer-Haus Ausstellung zu Geschichte der Volksbank eröffnet

Stefan Wächtler (vorne) von der Volksbank, der die Ausstellung mit Helfern aus den Reihen des Heimat- und Geschichtsvereins aufgebaut hat, zeigt aktuellen und ehemaligen Kollegen alte Werbeartikel des Geldhauses. Foto: m

Obertshausen (m) – Francs-, Peseta- und Schilling-Noten sind in der Vitrine aufgefächert. Auch Werbemittel vergangener Tage, Kugelschreiber, Schraubenzieher, Armbanduhr, Ascher und die knallbunten Spardosen in der Form eines Atommeilers dokumentieren einen Ausschnitt aus der Entwicklung von „200 Jahre Raiffeisen – Vereinigte Volksbank Maingau, damals und heute“. Sie ist bis Ende Juni im Karl-Mayer-Haus zu sehen.

Armin Paul, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins, und Stefan Wächtler von der Vereinigten Volksbank Maingau (VVB) eröffneten die Schau mit Exponaten und Texten zu den Biografien von Raiffeisen und dem Geldinstitut. Im Jahr 1873 hat sich eine Genossenschaft, die „Spar- und Hilfskasse“, gegründet. Später wurde sie als „Spar- und Darlehnskasse Hausen“ geführt. In Obertshausen ging 1871 eine ähnliche Kasse an den Start.

Die Unternehmen haben ihre Mitglieder durch die Anlage von Ersparnissen und die Vergabe von Krediten gefördert. Die Spar- und Darlehnskasse Hausen war Mitglied im Landesverband der Hessischen landwirtschaftlichen Kreditgenossenschaften, zu dessen Gründervätern Friedrich Wilhelm Raiffeisen gehörte. In dieser Zeit der industriellen Revolution habe sich das Unternehmertum sehr rasant entwickelt, erinnerte Paul. „Es entwickelte sich aber auch eine Arbeiterklasse, die durch die neuen Firmen stark ausgebeutet wurde und oft in schwerer Armut lebte.“

Die daraus entstandenen Konflikte versuchte man auf recht unterschiedliche Art zu lösen, erinnerte der Vorsitzende. Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Karl Marx wurden beide 1818 geboren, der Sozialreformer in einem evangelischen Pfarrhaus, sodass der christlichen Glaube sein Menschenbild formte. Die Forderungen des Sozialrevolutionärs Karl Marx mündeten in einem gewaltsamen Klassenkampf.

„In Hausen und Obertshausen wurden Raiffeisens Idee eines solidarischen Prinzips durch die Spar- und Darlehnskassen umgesetzt. Der verarmten Landbevölkerung sollte über Kleinkredite, die sie sonst nicht oder nur zu Wucherzinsen bekommen hätten, beim Häuserbau und bei Existenzgründungen geholfen werden. Wohlhabende Bevölkerungsgruppen standen dann als Geldgeber oder Bürgen für diese Kredite ein“, erläuterte Paul.

Beide Orte waren in dieser Zeit hauptsächlich landwirtschaftlich geprägt. Offenbach entwickelte sich aber schon zur Industriestadt, dort fanden auch viele Bürger im aufstrebenden Lederwarenhandwerk neue Arbeit. Der tägliche Weg zur Arbeitsstätte war allerdings weit und somit der Arbeitstag lang und beschwerlich.

„So tat sich erst die Möglichkeit der Heimarbeit und später die Gründung eigener Fertigungsstätten auf. Um diese Existenzgründungen möglich zu machen, konnte die damalige Kasse wertvolle Dienste leisten.“ In den 1960er Jahren war sie noch in einer Baracke untergebracht. Dort bildeten sich besonders an den Freitagen lange Schlangen von Ymos-Mitarbeitern, die hier ihr Gehalt abholten.

„Neben den Massen an Kunden beeindruckte mich das viele Bargeld, das sich im offenen Schalterbereich neben den Bankmitarbeitern auftürmte“, beschrieb der Sprecher. Bis in die 1970er Jahre wurde das Gehalt oft noch über die klassische Lohntüte oder in einem wöchentlichen Rhythmus über die Volksbank ausgezahlt.

Das hat sich grundlegend geändert. Etwa 70 Prozent der Kunden erledigen ihre Bankgeschäfte mittlerweile zu Hause am Computer, und diese Quote steigt jährlich an. „Bleibt zu hoffen, dass es die ältere Bevölkerung lernt, sich in dieser neuen Welt zurechtzufinden und ihre Bankgeschäfte weiterhin vor Ort erledigen kann.“

Zu den Öffnungszeiten der Ausstellung an jedem zweiten und vierten Sonntag im Monat ab 14 Uhr ist Stefan Wächtler von der VVB anwesend. Auch beim nächsten Babbelstammtisch wird er für Fragen zur Verfügung stehen (alle weiteren Infos, siehe Seite sieben in dieser Ausgabe).