Mädchen besuchen Firma Karl Mayer Entdeckungsreise der IHK führt nach Obertshausen

Bisher sind es typische Männerberufe, die eine Gruppe von Schülerinnen in einem IHK-Kurs kennenlernten. Doch nichts spricht dagegen, dass vermehrt Mädchen technische Berufe ausüben. Foto: Prochnow

Obertshausen (m) – „Probiere dich aus. Erfinde deine Zukunft. Entdecke deinen späteren Beruf“, lud die Industrie- und Handelskammer (IHK) Offenbach ein. Jüngst erlebten 15 Mädchen aus der Region eine Woche lang ihre „Ferien mal anders“, schnupperten auch in der Textilmaschinenfabrik Karl Mayer in typische Männer-Berufe.

Die Teenager besuchten die Energieversorgung Offenbach, das Mathematikum Gießen, GKN Driveline, DB Systel, ein Unternehmen für Eisenbahntechnik, und die Firma Mayer. Dort stellte Ausbildungsleiter Philipp Rother den Betrieb mit einem modern gestalteten Werbefilm vor, der auch die neue, helle Montagehalle auf Englisch präsentiert. Mayer produziert auch in den USA, in China, Hongkong und Japan. Da können Azubis schon mal vier Wochen auf Firmenkosten ferne Länder bereisen, macht Rother seinen Arbeitgeber interessant. Die Maschinen aus Obertshausen stellen nicht nur Dessous und Tarnnetze her. Auch Polsterung und Himmel im Auto sind „höchstwahrscheinlich“ auf einer Mayer-Maschine gefertigt. Ebenso die Rotorblätter der Windkraftanlagen, die aus Glasfaser bestehen.

Erfolgreicher Ausbildungsbetrieb

„Mayer ist ein Top-Ausbilder“, seine Lehrlinge sind regelmäßig Kammer-Beste, werden übernommen, bekommen Fahrtgeld, ein günstiges Mittagessen in der Kantine und genießen über die hauseigene Krankenkasse allerlei Sport- und Entspannungsangebote.

Der größte Gewerbesteuerzahler in der Stadt glänzt mit einer vielfältigen Auswahl an Ausbildungsberufen. Dazu gehören Fachinformatiker, Elektroniker für Betriebstechnik und Fachkraft für Lagerlogistik. Das Mayer-Magazin sei vollautomatisch wie das des Versand-Riesen Amazon, „nur ein bisschen kleiner, weil wir nebenbei noch Maschinen bauen“, scherzt der Ausbilder. Auch Konstruktions- und Zerspannungsmechanikerin kann man werden, Industriekauffrau oder Mechatronikerin.

„Dieser Job vereint das Beste aus allen Welten“, meint der Referent, „als Mechatronikerin habt ihr auch Ahnung von allen anderen Bereichen“. Etwas „weiblicher“ ist der Beruf von Anne-Milena. Die 20-Jährige wird technische Produktdesignerin, kreiert Bauteile in 3D am Computer. „Ich war schon immer so am Rumbasteln“, erläutert sie ihre Wahl, „ich hab’ Computer und Motorrad auseinandergenommen“. Mit der Ausbildung sei sie sehr zufrieden, „es ist das Beste, was ich machen konnte“. Mädchen müssen auch in die MINT-Felder, Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, beteuert Thomas Süsser von der IHK.

40 Auszubildende

Einer Umfrage unter den Mitgliedsbetrieben zufolge könne ein Drittel der Lehrstellen nicht mehr besetzt werden. Es gelte also, die Berührungsängste der Mädchen abzubauen. Metall-Ausbilder Franz Gottinger versucht das mit einer Tischuhr. Die Besucherinnen sollen in der Lehr-Werkstatt mit Maßband, Schraubstock und -zieher die Einzelteile zusammenfügen. Dabei gehen die Lehrlinge den Acht- und Neuntklässlerinnen zur Hand. 40 Azubis sind aktuell bei Karl Mayer, hinzukommen 20 Jugendliche, die einen dualen Studiengang gewählt haben. Bei diesem Mix aus Wirtschaftswissenschaften und Ingenieurwesen finden sich immerhin schon einige junge Damen. „Und die Frauen bringen immer Super-Ergebnisse“, schwärmt der Lehrer.

„Es macht Spaß“, resümiert Paula, „aber die Woche ist noch nicht vorbei“, nach dem Besuchtag bei Karl Mayer. „Es ist cool, dass man etwas ausprobieren kann“, sagt Annika, kann sich einen Job in der Werkhalle aber noch nicht vorstellen. Auch Wiktoria will eigentlich nicht ins Handwerk, sie steht eher auf Mathe. Und ihr großer Traum wäre Fluglotsin. Sophie plant, Informatik zu studieren – bislang auch eine Männer-Domäne.