Drei Gastronomen mit ihren Eindrücken und Erfahrungen während der Corona-Pandemie Existenzen stehen auf dem Spiel

Am Restaurant Seeblick wurde nach Anrufen bei der Polizei ein Teil des Außengeländes des Restaurants gesperrt. Foto: m

Obertshausen (m) – Die Regelungen im Corona-Zeitalter gefährden die Existenz ganzer Branchen. Besonders gebeutelt ist die Gastronomie, obwohl Kneipen und Restaurants zurzeit öffnen dürfen. In der ersten Phase hielten sich viele Betriebe mit einem Bestell- und Lieferservice über Wasser. Wie es ausgewählten Wirtsleuten in der „liebenswerten Kleinstadt“ erging, zeigt ein Besuch in drei beliebten Treffpunkten.

Das Feuer im Steinofen lodert, doch die Pizzeria Da Pietro an der Waldstraße beherbergt nach wie vor keinen Gast. „Wir haben schon im Januar begonnen, den Lieferdienst aufzubauen“, erklärt Inhaber Antonio Naomo. Er habe die Entwicklung des Virusgeschehens in China verfolgt und erkannt, dass Covid 19 auch nach Europa kommt. „Unser Gastraum bleibt weiterhin geschlossen, um Familie und Kunden zu schützen“, unterstreicht der Wirt. Er will „kein Risiko eingehen, bis eine neue Regelung kommt.“

„Wir sind mit dem Anklang von Lieferung und Abholung zufrieden“, dankt Naomo seinen Kunden, die ihm „in schwerer Zeit die Treue halten“. Am häufigsten bestellt werde die Pizza in Sternform, doch „alle Versionen sind gefragt“. Rund 40 Jahre lang wurde das italienische Nationalgericht vor den Augen der Besucher im Ofen zubereitet. Antonio führt das Geschäft seit einem Jahr mit einem Kompagnon, einer von vier Angestellten ist in Kurzarbeit.

Das Team vom „Seeblick“, dem Lokal des Angelsportverein am Rabenhaus-Gewässer, plagen andere Sorgen. Die Wiese zwischen Terrasse und Gewässer, auf der bis vor kurzem Bierzelt-Garnituren standen, wurde am 23. April durch das Ordnungsamt gesperrt, wie Schilder mahnen. Ein Mitarbeiter, der nicht genannt werden möchte, berichtet von täglichen Polizei-Kontrollen: „Nach einem anonymen Anruf rückten Beamte mit drei Einsatzfahrzeugen an.“

Die Pächter wissen nicht, wie lange das Verbot gelte, erhielten im Ordnungsamt keine Auskunft dazu. „Der neue Bürgermeister ist sehr bemüht“, lobt der Kellner, „er ist ein Fürsprecher der Gastronomie“. Das „Seeblick“ bietet bereits seit seiner Eröffnung 2016 einen Abholservice an, hat während der Zwangsschließung Menüs seiner deutschen Küche und Fischspezialitäten auch ausgefahren.

Jetzt steht zwischen den Tischgruppen ein ungenutzter „Corona-Tisch“. Insgesamt musste die Zahl der Plätze im Hauptraum, im Wintergarten und auf der Terrasse auf die Hälfte reduziert werden, von dem Dutzend Mitarbeiter sind noch einige in Kurzarbeit. „Die Kunden versuchen, in den Alltag zurückzukehren“, beobachtet der Angestellte. Zu den Stammgästen zählen auch einige Eintracht-Spieler.

„Das Sonntagsgeschäft ist total eingebrochen.“ Klar, das beliebte Frühstücksbüfett ist in der neuen Zeit verboten. Dabei wehte mit Kornelia „Koko“ Kokoric und ihrem Kaffee K ein frischer Wind durch den Kapellenhof. „Wir waren immer auf drei, vier Wochen ausgebucht“, sagt die Unternehmerin, „jetzt komme ich kaum noch auf 50 Prozent des Umsatzes“. Und das auch nur, wenn das Wetter erlaubt, dass die Gäste im Hof sitzen können. „Im Innenraum geht gar nichts“, lautet das Fazit. „Vatertag war okay“, resümiert die Kroatin, „aber viele Leute trauen sich noch nicht in eine Gaststätte“.

Dennoch ist sie zufrieden. „Mein Konditor hat null Aufträge, der würde am liebsten wieder schließen“, vergleicht sie und rückt die Tische weit auseinander, begrüßt einige Stammgäste und ein paar neue Gesichter. Alle halten sich an die Auflagen, tragen sich in die Namensliste ein, tragen Maske und halten Abstand.

Während der Zwangsschließung hat sie „alles runtergefahren, was Strom frisst, um laufende Kosten zu senken“. An zwei Wochenenden hat sie je drei Stunden lang Kuchen verkauft, „mein ganzes Team hat mitgemacht“, lobt sie den Zusammenhalt. Die Mitarbeiterinnen haben Kekse gebacken, in Tütchen gefüllt und mit Gutscheinen in Beates Blumenladen verkaufen lassen. „Die Floristin hat uns super unterstützt, damit wir nicht in Vergessenheit geraten“, dankt Koko. Eine feste Mitarbeiterin befindet sich noch in Kurzarbeit, die Aushilfen mussten abgemeldet werden. Der Vermieter sei dem Café „sehr entgegengekommen“.

Jetzt möchte die Wirtin „alles zum Laufen bringen. Die Leute müssen wieder Vertrauen gewinnen“, sagt die Geschäftsfrau und hat viel Werbung geschaltet. Doch, „wenn die zweite Corona-Welle da ist, wird es noch schlimmer“.