Geschwindigkeitsbegrenzung während der Laichzeit Frösche und Kröten gehen auf Wanderschaft

Im Kultur- und Sportzentrum Martinsee wurde über die aktuelle Situation berichtet und nach Lösungen gesucht. Foto: p

Obertshausen (m) – Sie sind selten, sie sind geschützt und manchmal platt. Wenn es Frühling wird, machen sich Frösche und Kröten auf den Weg zu ihren Laichplätzen, und der führt auch über manche Fahrbahn. Zum Beispiel über die Rembrücker Straße, um zum Schermsee zu gelangen. Fünf Tunnelröhren sollen die Tiere sicher an ihr Ziel geleiten. Die Stadt hatte die Arbeiten für das Projekt bereits ausgeschrieben, informierte Christine Hauck, die Vorsitzende der Ortsgruppe Heusenstamm/Obertshausen der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW), im Kultur- und Sportzentrum Martinsee. Zurzeit fördere das Land Hessen jedoch die Sanierung von Straßen, darum seien viele Spezialfirmen ausgebucht. Nur ein Unternehmen hatte sich auf die Ausschreibung fürs Einsägen und Einbetonieren beworben. Bis die Arbeiten beginnen könnten, habe die Stadt eine Geschwindigkeitsbegrenzung während der Laichzeit eingerichtet, teilte Peter Affee vom Fachbereich Umwelt der Stadt Heusenstamm mit. Zwischen 17 und 8 Uhr gelte auf dem Abschnitt vom Martinsee-Kreisel bis hinter den See Tempo 50. Das erhöhe nicht nur die Überlebenschancen der Tiere, die es trotz Absperrplane bis auf die Fahrbahn geschafft hätten. Auch die ehrenamtlichen Helfer, die im Morgengrauen die Kröten und Lurche in Eimern auf die andere Straßenseite tragen, sollen geschützt werden. Die geplanten Tunnel sollen diesen Dienst überflüssig machen und 500.000 Euro kosten. Der Biologe und Gutachter Andreas Malten aus Dreieich stellte die in der Region registrierten Arten in Bildern vor. Vor allem die Erdkröte wolle am Schermsee ablaichen. Trotz des Schutzzauns lägen viele überfahrene Tiere auf dem Asphalt, beobachtete der Gast. Allerdings nicht lange – die Überreste würden oft von Krähen geholt. Auch Mäuse und Marder fressen Frösche, haben Naturschützer im Hochtaunus mit Kameras festgehalten. Zu den 18 Arten in Hessen verbreiteten Arten zählen vor allem Gras- und Springfrosch aus der Grünfrosch-Gruppe, vereinzelt auch der Wasser- und der Seefrosch, ferner Teich- und Bergmolch. Einen einzigen Laubfrosch haben sie 2018 gesehen, auch Kreuzkröte und Feuersalamander können vorkommen. „Das sind alles streng geschützte Arten, die auf Niederschlagswasser angewiesen sind“, unterrichtete Malten, „und damit sieht es überall schlecht aus, es regnet langfristig betrachtet weniger“.

Das Erdkröten-Männchen, dokumentierte der Experte mit weiteren Bildern, umklammere mit seinen starken Armen „alles, was sich bewegt“, aber auch tote Tiere und Hölzer. Ihr Laichplatz liege zwischen Röhricht, Zweigen und Gräsern, im Mai bevölkern Schwärme von Kaulquappen das Flachwasser, „die dunklen Laiber erwärmen das Wasser zusätzlich“. Weil sie über Abwehrstoffe verfügen, werden sie nur selten gefressen, erfuhren die rund 20 Zuhörer. Der Grasfrosch lege Laichballen am Ufer ab, der großer See- und der kleine Wasserfrosch lärmen an Gartenteichen, sorgen für Ärger mit den Nachbarn, berichtete Malten. Die jungen, winzigen Teichmolche seien früh unterwegs. Der Bergmolch wurde zum Amphib des Jahres gewählt, gefalle durch seinen orange-farbenen Bauch und die blaue Zeichnung. Der Laubfrosch gehe gerne auf Suche nach neuen Gewässern, klettere in Brombeergebüsch und sogar auf Bäume. Verschiedene Feuersalamander-Arten seien verbreitet, die Kreuzkröte in Kiesgruben verbreitet. Dietmar Tinat vom SDW-Vorstand bemerkte, das tausende Kröten auch auf ihrer Rückwanderung Ende Mai, Anfang Juni wieder die Straße überqueren. Viele haben sich jedoch umorientiert und laichen jetzt am Kies-Tageabbau. Revierförster Bernhard Gerster brachte die Stripanlage zur Grundwasserreinigung hinter der Hühnerfarm ins Gespräch. Sie wurde vor eineinhalb Jahren ausgeschaltet, das Gelände liege jetzt trocken. Würde sie wieder in Betrieb genommen, könnten Staunässe und Überflutungen Kröten und Molche dorthin locken – ohne Straßen-Querung. Gerster möchte Biotope weitab von den Straßen fördern, doch laut Tinat nützen die „Ablenkungsgewässer“ nichts, „vor allem die Erdkröte hält an ihrem Laichgewässer fest“.

Auch die Idee, den alten Schmidtgraben bei Steinberg wieder zu füllen, werde nicht helfen. Das Problem sei, das Wasser über die Trockenzeit zu halten, hieß es. „Die Auswirkungen der Trockenheit des vergangenen Sommers werden erst in zwei, drei Jahren bemerkbar“, mahnte der Forstmann, „Jungtiere überleben solche Perioden kaum“.

Die Untertunnelung inklusive des Fahrradwegs mit trichtermäßigen Leiteinrichtungen werde kommen, bestätigte Affee. Auch die Leitungen unterm Radweg stören nicht, Wasser fließe durch Kies an den Eingängen ab. Allein die Genehmigung des Haushalts durch den Kreis fehle noch, erläuterte der Rathaus-Mitarbeiter, 25.000 Euro von der Fraport seien schon zugesichert. Für diese Saison werden aber noch Leute zum Tragen der vollen Frosch-Eimer gesucht. Beim Info-Abend hat sich lediglich ein neuer Helfer gemeldet, auch für den Stand der SDW bei den Jugendwaldspielen werden noch Mitstreiter gesucht. Auskünfte erteilt die Vorsitzende der SDW Ortsgruppe Heusenstamm/Obertshausen, Christine Hauck, telefonisch unter Z   0176 519 84419, oder per E-Mail, an christine.hauck[at]sdw-heusenstamm[dot]de.