Erste Auflage des Repair Cafés war gut besucht Gegen Wegwerf-Wirtschaft

Vor dem Familienzentrum sollen Fahrräder wieder flott gemacht werden.. Foto: Prochnow

Obertshausen – Der Ventilator fächert keine Luft mehr, das Transistorradio rauscht wie der Föhn und der Föhn bläst nur kalte Luft und die Reparatur beim Fachhändler ist teurer als ein neues Gerät. Oder es gibt keine Ersatzteile mehr – typische Fälle für das Repair Café.

Auch in Obertshausen wurde nun im Familienzentrum an der Vogelsbergstraße ein solches Café eröffnet. Dort versuchen fachkundige Helfer ehrenamtlich, in die Jahre gekommene Apparate vorm Sperrmüll zu retten.

Es geht um Nachhaltigkeit, verdeutlichen die Vertreter des Stadtmarketings (SMO), des Familienvereins „Die Tausendfüßler“ und des Malteser Hilfsdienstes (MHD).

Mitstreiter aus den Reihen des Hilfsdienstes haben bereits Erfahrungen in der Fahrradwerktstatt gesammelt, die seit 2016 Drahtesel für Geflüchtete in Schuss bringen. Nach einem ehemaligen Zweirad-Laden und der Gemeinschaftsunterkunft an der Herrnstraße lagern sie ihr Material jetzt in einer Garage am Alten Friedhof. Hat das Repair Café geöffnet, stehen sie mit einem rollenden Werkzeugkasten, Unterlage und Rad-Halter vorm Familienzentrum bereit.

Im Saal versucht Michael Becker gerade, ein Rasenmäher-Rad mit einem Gewindeschneider wieder fit für das Gartengerät zu drehen. Nebenan sucht Martin Delto mit einem Kompagnon die Fehlerquelle in einem CD-Spieler, während Computer-Spezialist Oliver Bode einen Laptop unter die Lupe nimmt

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Vor der Theke hecken zwei Damen mit „Tausendfüßler“-Vorsitzende Nicole Luque um eine Nähmaschine eine gemeinsame Aktion aus. Dort, wo künftig eine Einbauküche stehen wird, halten Frauen in den grasgrünen T-Shirts des Familienvereins Kaffee und Kuchen für die Gäste bereit.

Stadtmarketing-Vorsitzender Holger Bischoff, der die Einrichtung gemeinsam mit Andreas Fornauf leitet, begrüßt alle Besucher und auch Bürgermeister Manuel Friedrich freut sich über das große Interesse zum Start. „Es gibt nicht einen Initiator“, betont dieser, „es ist ein Gemeinschaftsprojekt“.

Schneider, Schreiner, Elektriker, Buchbinder, Informatiker und Ingenieure lassen die „Kultur des Reparierens“ wieder aufleben. Das Projekt soll der Verschwendung von Ressourcen, den wachsenden Müllbergen und der Wegwerf-Wirtschaft entgegenwirken, heißt es in einem Faltblatt des Obertshausener Stadtmarketings.

Zugleich können die Besitzer an der Seite der Fachleute die Funktionsweisen der Gerätschaften und Wege kennenlernen und sehen wie man Fehler entdecken und beseitigen kann. Daneben eigne sich das Angebot auch, um neue Kontakte zu knüpfen, ergänzt der Rathauschef. Eine Konkurrenz zu Fachgeschäften sieht er nicht, zumal es am Ort gar keinen Fahrradhändler mehr gibt. Das Team um Wolf Weigelt von den Maltesern flicke allerdings auch in Zukunft nur Schläuche an Stahlrössern von Geflüchteten.

Die Hilfeleistungen an jedem ersten Samstag im Monat von 14 bis 17 Uhr sind grundsätzlich kostenlos. Bezahlt werden müssen allein die für eine Ausbesserung benötigten Teile – zum Selbstkostenpreis. Damit die Helfer mit dem passenden Werkzeug und dem richtigen Material vor Ort sind, wird um eine Anmeldung auf der Webseite des Stadtmarketings gebeten. Dort soll das Problem beschrieben werden. Nutzer können zudem Fotos zur besseren Beschreibung hochladen.

23 Aktive mit ganz unterschiedlichen Fähigkeiten sind bislang dabei, weitere jederzeit willkommen. Das gilt nach Rücksprache auch für Verbrauchsmaterial und Lagermöbel.

Info und Anmeldung: stadtmarketing-obertshausen.de/aktionen/repaircafe

VON MICHAEL PROCHNOW