Neue Ausstellung Heimatmuseum Obertshausen zeigt Schuhe aus Haifischleder

Die zehnte Schau des Heimatmuseums beschäftigt sich mit dem Thema „Fußbekleidung“. Interessiert sehen sich die Besucher die vielen unterschiedlichen Modelle an. Foto: pro

Obertshausen (pro) – Dass Babbscher und Mode in Leder im Heimatmuseum eine Hauptrolle spielen, erklärt sich von selbst. Die bisherigen Ausstellungen drehten sich um Taschen, die zehnte Schau beschäftigt sich seit dem vergangenen Freitag um die Fußbekleidung.

Die ältesten Schuhe in den Vitrinen repräsentieren Nachbildungen von Wikinger- und Römer-Sandalen aus dem ersten Jahrhundert nach Christus. Die Originale stehen alle im Deutschen Leder- und Schuhmuseum in Offenbach, der Hausener Schumachermeister Andreas Jagic hat sie in seinem Lehrbetrieb Trost in Offenbach nachgebaut. Kinder-Knöpf-Schuhe von 1913 und ein Paar galvanisierte Kinder-Spangenschuhe mit Lederriemchen aus dem Jahr 1928 sind zu sehen. Jürgen Ernst zeigt ein Herrenschuh aus Haifischleder und ein Damenschuh aus Stachelrochen, andere aus Straußen- und Echsenleder.

Melitta Matthes, Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins, dankte Jagic, der die Anregung zu der Ausstellung gab. Zum Auftakt fasste Birgit Höf den Aufstieg der Lederwarenindustrie in der Region zusammen. Jagic beleuchtete die Geschichte seines Stands.

Der Mensch ist ein Barfußläufer

„Von Natur aus sind wir Barfußläufer auf Naturboden“, lehrte er. Doch schon vor Jahrtausenden versuchten die Menschen, sich mit Tierhäuten gegen Dornen, spitze Steine und Kälte zu schützen. Auf der Auftragsliste der allerersten Schuhmacher standen Sandalen, das belegen Abbildungen der alten Ägypter. Das Laufwerk bestand aus Leder oder geflochtenem Stroh, die Riemen aus Palmenblätter, Rohr oder Schilf, für Würdenträger gab’s Modelle mit Goldverzierungen.

Im antiken Griechenland war das Handwerk ein eigener Berufsstand. 200 vor Christus starben die gläubigen Schuhmacher-Brüder Crispin und Crispinianus in Frankreich als Märtyrer, sie sind die Schutzheiligen des Stands. Die Römer trennten den Beruf des Gerbers von dem des Ledernähers. Er hieß „Sutor“, daher kommt die Bezeichnung „Schuster“. Im Frankreich des 13. Jahrhundert existierten vier Zünfte: die Verarbeiter von Pferdeleder, die Zuschneider, die „Savetonniers“, die allein leichte Halbschuhe aus Schafsleder fertigen durften, und die Schuhflicker.

1863 gründete Peter Kaiser die erste maschinelle Schuhfabrik in Pirmasens, bis in die 1980er Jahre die Schuh-Hochburg weltweit. Es sei sehr zeitaufwändig, Schuhe mit der Hand zu fertigen, erklärte der Fachmann. Die meisten Schuster leben darum von der Reparatur – was bei den vielen im Schuh verarbeiteten Kunststoffen Kenntnisse über Materialeigenschaften und Klebetechniken erfordere.

„Der Trend geht wieder zum hochwertigen Schuh“, beobachtet Jagic. „Der hält länger, ist reparaturfähig und so günstiger als ein synthetisches Modell. Er ist umweltfreundlich, weil er bis auf ein paar Ösen verrottet“.

Der Spezialist riet, das „Fundament zu unterstützen“. Der modische Aspekt stehe oft gesundheitlichen Bedürfnissen entgegen. „Wir denken nicht an unsere Füße, vielleicht weil sie so weit vom Kopf entfernt sind“, scherzte Jagic.