Vergessener Zeitzeuge Heimatverein Obertshausen präsentiert Grenzstein

Melitta Matthes, die Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins, und Birgitt Höf mit dem wiederentdeckten historischen Grenzstein, der jetzt im Hof des Karl-Mayer-Hauses steht. Foto: pro

Obertshausen (pro) – Das Karl-Mayer-Haus ist um eine Attraktion reicher. Vorsitzende Melitta Matthes und Birgitt Höf vom Vorstand des Heimat- und Geschichtsvereins (HGV) stellten jetzt einen Grenzstein des Deutschen Ordens aus dem 14. Jahrhundert der Öffentlichkeit vor.

Dabei handelt es sich bei dem „Findling“ gar nicht um eine Neuentdeckung – das Zeitzeugnis schlummerte auf dem Gelände des Werkstattmuseum, während niemand von seiner Existenz wusste. Dabei eröffnet der Stein den Blick in eine gut recherchierte Vergangenheit und erzählt nun auf einer eigenen Fläche im Hof des Treffpunkts ein Stück Hausener Historie. Vor allem der Mitbegründer des Vereins und allererste Vorsitzende des HGV Otto Lechens erforschte die Bedeutung des Brockens. Das Monument trägt unter der fein abgerundetem Oberseite ein symmetrisches Kreuz. In den vier Feldern sind die Buchstaben „C“ und „F“ zu lesen, die Zahlen „17“ und „30“.

Die Formel steht für eine Abteilung des Deutschen Ordens, den „Commende Frankfurt“, die Zahlen weisen auf das Jahr 1730, als die Gemeinschaft ihre Liegenschaft in der Hausener Gemarkung vermessen ließ. Vor allem auf Lechens Grundlage verfassten Professor Klaus Werner und Dr. Jörg Füllgrabe eine neue „Chronik der Stadt Obertshausen“.

Sie liegt seit fast einem Vierteljahrhundert unbearbeitet im Büro des HGV. Anfangs der 90er Jahre wünschte die Stadtregierung keine Veröffentlichung des Werks, erinnerte sich Werners Nachfolgerin Matthes. Jetzt habe die Stadtverordnetenversammlung 10 000 Euro für Korrektur und Druck freigegeben. Ein ähnliches Schicksal ereilte auch den Grenzstein, der bereits im Juni 1984 bei den Arbeiten an der neuen Brücke für den vierspurigen Ausbau der Bundesstraße 448 aus der Rodau geborgen wurde.

Auf der Titelseite des Heimatboten prangte der damalige Leiter des Bauhofs Gerhard Henderkes mit dem schwergewichtigen Zeitzeugen. Der damalige Stadtrat und Landwirt Georg Rudolph hatte den einstigen Rektor der Waldschule und Heimatforscher Josef Seuffert informiert, der das Fundstück einordnen konnte. Rudolph hatte nämlich schon einige Jahre zuvor zwei gleichartige Grenzmarkierungen auf seinen Feldern gefunden.

Die Liegenschaften des Deutschen Ordens auf der Gemarkung der früheren Gemeinde Hausen gehen auf Schenkungen von Philipp von Falkenstein-Münzberg im Jahre 1328 zurück. Das belegen Urkunden, die Lechens in Archiven ausgewertet hat. Weil der sandige Boden des Gräfen- oder Grafenwaldes wenig ertragreich war, sollte das Gelände zwischen Bauerbach und Rodau, Tannenmühle und der Ortsgrenze mit Weiskirchen an die öffentliche Hand überführt werden.

Durch den Aufstieg Napoleons wurde der Deutsche Orden 1809 aufgelöst. Der Fürst von Ysenburg pflegte gute Beziehungen zum französischen Herrscher und erhielt die Flächen. Er veräußerte sie jedoch bereits 1811 an Bauern in Hausen und Obertshausen. Die Jahreszahl, fand Lechens heraus, war stets auf den Besitz gerichtet. Besonders das Gewicht des Steins vereitelte manchen Versuch, das amtliche Zeichen umzusetzen.

Dazu befanden sich unter solchen Markierungen „geheime Unterlagen“. Die damals unbeschädigt aufgefundenen Tonscheiben mit den Symbolen des Commendes haben die Hobby-Historiker allerdings mit dem Grenzstein entdeckt. Die verschlüsselten Ortsangaben auf den Scheiben konnten damals nur von den Steinsetzern und Feldgeschworenen gelesen werden.

Für das neue Exponat ließ der Vorstand das Efeu im Hof des Heimatmuseums lichten und eine halbrunde Fläche aus hellen Kieselsteinen anlegen, begrenzt von blau-grauen Basaltplatten. 2.100 Euro hat der Vereinsvorstand bezahlt, um die Anlage um den Grenzstein von einem Gartenbetrieb gestalten zu lassen – wenngleich das Karl-Mayer-Haus der Stadt gehört, betonte Mitinitiatorin Höf. Der „Neuzugang“ kann zur Jazz-Matinée nach der Sommerpause am Sonntag, 28. August, besichtigt werden.