Abschied des Männerchors „Sängerlust Hausen“ „Mit ihnen geht eine Tradition“

Ein letztes Mal auf der Bühne stand der Männerchor „Sängerlust Hausen“ im Bürgerhaus. Mit dem Chor geht eine lange Tradition zu Ende, die eine ganze Stadt geprägt hat. Foto: m

Obertshausen (m) - „Es ist der Lauf der Dinge, dass sich Männerchöre verabschieden“, sagte Siegfried Roet, der Vorsitzende des Sängerkreises Offenbach. „Mit ihnen geht aber auch eine Tradition, und das tut in der Seele weh.“

Die vorweihnachtliche Feier der Sängerlust Hausen klang diesmal nicht so unbeschwert wie gewohnt, auch das Treffen im Kleinkunstsaal war vom Abschied der Männer von der großen Bühne geprägt. „Wir bräuchten mehr Lothars und Dietmars“, rief Roet in die Runde. Lothar Keller und Dietmar Picard führten den Verein fast vier Jahrzehnte als Erster und Zweiter Vorsitzender, riefen vorausschauend den Chor ’84 ins Leben, gründete den Jugendchor 2000 und übernahm den Teeniechor von Sänger Hardy Berlin. Jetzt wurden beide Männer für ihre 65-jährige Treue zur Sängerlust ausgezeichnet.

Keller war schon früh Schriftführer, wurde 1965 Stellvertreter des hochgeachteten Vorsitzenden Jacob Picard, dessen Posten er 1973 übernahm.

Bis 2010 stand Keller an der Spitze des Vereins, leitete die Jubiläumsfeier zum 100-jährigen Bestehen 1983 mit 35 Chören beim Freundschaftssingen und 41 im Wettbewerb. Das Geburtstagskind erhielt die Zelterplakette des Bundespräsidenten und trat bei „Bios Bahnhof“ im Fernsehen auf. Damals zählte die Gemeinschaft 60 Aktive und fast 100 fördernde Mitglieder. Der heutige Ehrenvorsitzende und sein Kompagnon Picard unterstützten den Aufbau der Nachwuchschöre mit viel Herzblut und auch finanziell – und mit Leckereien aus Picards Metzgerei, berichtete der aktuelle Vorsitzende Harald Kiwitz. Die legendären Maskenbälle der Sangesfreunde stiegen im Hause Picard, im Kinosaal der Gaststätte Krone. Das Führungsteam organisierte Chorwettbewerbe, Konzerte, voran „Hausen singt“, Wald- und Sommerfeste, Reisen und Ausflüge.

Eine Ehrung erfuhr an jenem Abend auch Keller Bruder Günter, der die Sängerlust seit sechs Jahrzehnten fördert. Auch er sang, bis er den Vorsitz der Turngesellschaft übernahm und sich als Stadtrat politisch engagierte. Er führte beide Vereine zum Zinnoberball zusammen, dem letzten großen Maskenball in der Stadt. Seit einem halben Jahrhundert fördert Manfred Rau die Chöre. An Grill und Theke packt Wolfgang Regh mit an, ein weiterer Aktiver aus dem Männerchor, der seit 40 Jahren dabei ist. Seit 25 Jahren gehört Silvia Haus der Sängerlust an. Bis vor vier Jahren sang sie im Chor ’84.

Ebensolang unterstützen Friedel Jäger und Hubert Gerhards die Gruppe. Daniel Thiessen, Ulrike Stroh, Christian Dorsch, Sebastian Reitz, Michaela Rink und Patrick Weiser erheben seit zehn Jahre ihre Stimmen im Jugendchor, sie erhielten ein Präsent des Vereins, die anderen Jubilare auch eine Auszeichnung des Hessischen Sängerbunds.

Kiwitz blickte auf das Jahr zurück, das ein „Wechselbad der Gefühle“ bescherte. Der Chor ’84 errang im badischen Waghäusel sein bisher bestes Ergebnis, erhielt ein Gold-Diplom und holte Klassensieg und Tagesbestleistung. Der Teeniechor dagegen müsse neu aufgebaut werden, da möchte der Vorstand Leiterin Irina Hoffmann unterstützen. Gleich fünf Angehörige des Jugendchors wählten den Weg in den Ehestand – zwei Paare haben sich innerhalb der Formation gefunden!

Das Aus des Männerchors kam mit dem Ausfall seines Dirigenten Josef Mayer, der sich verletzt hatte. Vorsitzender Kiwitz und der vormalige Chorleiter Dr. Martin Trageser bereiteten die Männer auf ihren Abschiedsauftritt im Bürgerhaus vor. „Sie waren nur noch gut 20 Sänger, oft nur 14 in der Probe, manchmal nur einer in seiner Stimmlage. Das sind keine guten Voraussetzungen für gute Auftritte“, erklärte der Sprecher.

Schweren Herzens fassten sie den Entschluss, sich von der öffentlichen Bühne zurückzuziehen. Das Publikum würdigte die Hausener mit stehendem Applaus, faste Kiwitz zusammen, „man spürte Respekt und Anerkennung für das Lebenswerk des Männerchors Sängerlust Hausen“.