Obertshausener Ortsverein des Bundes der Vertriebenen feiert 70-jähriges Bestehen Jubiläum mit Szenenspiel

Alexander Bräutigam (links) und Robin Middeke zeigten im Pfarrer-Schwahn-Haus Stationen des Leids. Foto: m

Obertshausen (m) – Mit einem beeindruckenden Szenenspiel, das an die Vertreibung der Sudetendeutschen erinnert, feierte der Ortsverein Obertshausen im Bund der Vertriebenen (BdV) seinen 70. Geburtstag. Alexander Bräutigam und Robin Middeke, zwei junge Darsteller, zeigten im Pfarrer-Schwahn-Haus Stationen des Leids.

„Länger als acht Tage können sie uns nicht behalten.“ Josef versucht, Hoffnung im Lager der Deutschen zu verbreiten. „Denk an etwas, das du liebst!“, rät Max. „Ist das Leben wirklich so schlimm oder ein nicht enden wollender Traum?“. Die Gefangenschaft sei nicht mehr zu verarbeiten, „zu Vieles ist passiert, wir sind die Fußabtreter des tschechischen Volks“. Der Junge ärgert sich, „warum sind wir nicht vorher abgehauen, haben wir wirklich geglaubt, dass es sich irgendwie beruhigt?“ Doch, „Selbstmitleid hilft nicht weiter“.

Unter den aufmerksamen Zuschauern herrscht betretene Stille. Viele werden nach der Aufführung sagen, dass es „genau so“ gewesen ist. Die Besucher sind aus ganz Hessen nach Hausen gekommen. BdV-Vorsitzender Hans Klement begrüßte im voll besetzten Saal auch Margarete Ziegler-Raschdorf, die Beauftragte der Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler.

„Keine leichte Kost, und die Dimensionen sind gewaltig“, verwies sie auf die 15 Millionen Deutsche, die nach dem Krieg vertrieben wurden. Drei Millionen verloren dabei ihr Leben.

Die Verarbeitung von Leid und Tragik der Ereignisse auf der Bühne sei „ganz große Kunst“. Die Darstellung sei umso wichtiger, umso mehr Zeitzeugen sterben.

„Ich war nicht dabei, ich habe nur Anweisungen gegeben, ich habe das nie gewollt.“ Der tschechische Politiker Edvard Benes wollte sich „als Staatsmann fein aus der Affäre ziehen, die Dinge ein bisschen zurecht interpretieren“, kommentiert Josef die Verträge, „die der Engländer anders liest als der Franzose und der Russe“. Sie fördern ein „bewusstes Missverstanden-Werden“.

Per Video-Einspieler erzählen Betroffene. Schon vor der Vertreibung haben sie von den Tschechen weder Fleisch, Butter noch Brot bekommen, konnten sich nur notdürftig verpflegen, der Schwarzhandel blühte.

Die Benes-Dekrete haben das erlaubt, schildert ein älterer Herr. Felder, Höfe, Häuser wurden enteignet, an der Grenze wurde den Vertriebenen erneut alles abgenommen.

„Ich fühle mich immer noch wie Schwerverbrecher“, beschreibt Josef die erste Nacht in einer Gaststätte in der neuen Heimat: Eine enge Kammer, zwei Betten, nichts zu essen – „wir sind nicht erwünscht“.

Max sagt, „wir sind Deutsche und doch Fremde im eigenen Land“. Sie wollen sich integrieren, arbeiten, „wir haben Krieg und Vertreibung überlebt, wir werden auch diese Zeit überstehen. Die neu Angekommenen haben also angepackt, Ställe gebaut, Kartoffeln gelesen, Häuser gebaut, in Firmen gearbeitet.

Freund Wilhelm, ebenfalls gespielt von einem der beiden Mimen, will „die braune Soße wegwischen, mitbestimmen, in welche Richtung dieses Land steuert“, sich politisch engagieren.

„Ich möchte die Chance auf ein Zuhause ohne Angst und Not, ich möchte mich wohlfühlen, grüßen und zurückgegrüßt werden“, konkretisiert der junge „Kartoffelkäfer“, wie er und seine Leute beschimpft werden.

„Lass und Partei gründen, Josef, Blut ist genug geflossen.“

Die Feierstunde im Gemeindezentrum gestaltete der Chor „Con Picacere“ unter Leitung von Pavlina Georgiev mit, Klement lud die Gäste aus nah und fern noch zum Austausch bei Getränken und Imbiss ein.