Theaterclub Lachmal mit dem Stück „Glitterboys“/ Für Freitag und Samstag gibt es noch Karten „Kalorien schmecken besser als Vitamine“

Erstaunt schauen die Vier (links) darüber, was Eventmanagerin Regine Rautenstengel (mit Jeansjacke) erzählt. Foto: m

Obertshausen (m) – Sie lassen nichts anbrennen und gehen doch auf Nummer sicher. Lach mal weiß, was Gäste wünschen: „Für immer Disco“ zum Beispiel. Mit diesem Werk von Andreas Wening hat der gefeierte Theaterclub wieder einen Publikum-Garant auf die Mehrzweckhallen-Bühne gebracht. Und in Zeiten, in denen es nicht viel zu lachen gibt, ist eine flotte Komödie oft eine beliebte Medizin.

Zumal es bei den Aufführungen der Truppe mit Heimspiel längst nicht mehr allein um Theater geht. Die beiden Pausen dienen auch dazu, gute Freunde und alte Bekannte bei einem Glas Wein und einer Brezel zu treffen. An Gesprächsstoff fehlt es dabei nicht. Das wird nach der Premiere am vergangenen, auch bei den beiden Terminen am kommenden Wochenende in der fast ausverkauften Turnhalle so sein.

Diesmal geht’s um die beiden „Glitterboys“. Event-Managerin Regina Rautenstengel hat die einstigen Hitparaden-Stürmer wiederentdeckt und möchte sie nach all den Jahren wieder auf die Bühne bringen. Doch für ein Comeback bringen Franz und Bodo je 20 Kilo zu viel auf die Waage. „Kalorien schmecken besser als Vitamine“, erklärt Bodo entwaffnend. Die Managerin verordnet den beiden gesetzten Herren Hormone, ein Aufbaupräparat und ein Fitnessprogramm. Auch die goldenen Glitzerhosen sitzen nicht mehr so recht, doch „das tut der erotischen Wirkung keinen Abbruch“, entscheidet „Franky-Boy“ nach dem Gekreische der vermeintlichen Anhänger vor dem Haus. Fanclub-Leiterin Mira Bell zerrt seine frisch gewaschenen Unterhosen aus dem Korb und verteilt sie ans Publikum. Auch der Sound klingt einfach nicht mehr wie früher. Tanzen konnten die vermeintlichen Stars sowieso nie, aber das soll Hossa Rodriguez nun ändern, ein Wesen mit Bärtchen, gertenschlanker Figur, spanischem Lispel-Akzent und ständig in Bewegung - auf Stöckelschuhen! Franz’ Ehefrau kurbelt als Birshit Stagfield das Geschäft mit den „Promis“ kräftig mit an, empfiehlt die Männer für Dschungelcamp, Container „und zur Not sucht er sich einen Bauern“.

Für die Live-Sendung „Schmausen wie die Stars“ nimmt Fernsehproduzent Victor Winsel die Küche unter die Lupe, im Schlepptau die „Klatschspalten-Nacktschnecke“ Coco Cabana. Im eng anliegenden schwarzen Kurzen, scheinbar naiv und mit einer Hape-Kerkeling-Lache umschwärmt sie die Boys. Leider lockt Victor der Teenager-Tochter von Birgit und Franz zum Modeln, was Lena zum Gespött im sozialen Netzwerk macht, während sich die Mama mit Beruhigungspillen zudröhnt.

Ausgerechnet Coco leitet die Wende ein. Das TV-Mäuschen entpuppt sich als „Intelligenz-Parodistin“, verdiene ihr Geld mit der Dummheit der anderen, gebe den Zuschauern „das erhabene Gefühl, klüger als ich zu sein“, und gewinne so lukrative Werbeverträge. Auch die Rollen von Ober-Fan Mira Bell und Managerin Rautenstengel erfahren überraschende Korrekturen, die das Publikum an Freitag und Samstag verblüffen wird. Kein Satz ohne Wortwitz oder doppeldeutige, schlüpfrige Bemerkung! Doch die würden weit weniger wirken, entsprängen sie nicht dem Mund eines stadtbekannten Protagonisten, die begeistern: Stephan Rauschkolb und Heiko Möser als Franz und Bodo lassen einem allein durch die extremen Kostüme die Tränen in die Augen schießen.

Beate Thews überzeugt als Coco in gleich zwei fordernden Rollen, als naives Püppchen wie als fürsorgliche Freundin. Dann sind da Angelika Lorente-Pütz, die mit eiserner Mine die gestrenge und arbeitswütige Managerin gibt, Beate Zeiger, die als Ehefrau und Mutter sorgenvoll und geschockt von den Entwicklungen im Hause eingeholt wird. Andreas Farnung setzt als Doc Richard die Aufbauspritze. Ulrike Heng erinnert als resoluter Fan im 68er Gewand an die Glitter-Generation, bevor auch sie in eine ernste Rolle springen muss. Lukas Kreher bewährt sich mit coolem Chef-Gehabe als TV-Macher, Rudolf Cramer stört gekonnt als Fotograf Jens Schneckenreiter das Familienchaos. Bestens integriert in die Lach-mal-Familie ist Raissa Uhlig, die von brav bis aufmüpfig glaubhaft Teenie-Tochter Lena verkörpert. Ihrer Generation gehört auch Julian Herbert an, der für die Bühne die aufwendigste Wandlung vollzieht und als übereifrigen Hossa mit den Hüften kreist und die Körper der Boys begehrt. Auch ohne sie ging es nicht: Souffleuse Martina Sarfo, Alex Wissmann in der Maske, Bühnenbauer Mathias Bork, Michael Möser am Mischpult und Thomas Zeiger als Manager.

Für morgen und Samstag gibt es noch einige Karten.