Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte in Hessen tagt in Obertshausen Kommunales Wahlrecht gefordert

Immer im Einsatz für Mitbürger mit ausländischen Wurzeln: Der AGAH-Vorsitzende Enis Gülegen (von rechts), der Vorsitzende des Ausländerbeirates Obertshausen Arif Ergüven, AGAH-Geschäftsführerin Ulrike Foraci und der Zweite Vorsitzende des Ausländerbeirates Obertshausen Murat Demir. Foto: Prochnow

Obertshausen (m) – Erstmals tagte die Arbeitsgemeinschaft Ausländerbeirate in Hessen (AGAH) in Obertshausen. Der Dachverband von 85 lokalen Gremien beriet im Rathaus über aktuelle Themen für Migranten, die Bundestagswahl, Rechtspopulismus, die fehlende politische Teilhabe der Migranten und die Bildungspolitik in Hessen. Auch über die Landtagswahl 2018 wurde gesprochen.

Die AGAH wolle die gesellschaftliche und rechtliche Situation der Migranten verbessern, Integration fördern, Diskriminierungen und Rassismus entgegenwirken, betont Geschäftsführerin Ulrike Foraci. Seit vielen Jahren fordert die Organisation das kommunale Wahlrecht für alle Migranten mit einem Aufenthaltsstatus.

Schul- und Bildungspolitik

Zur Schul- und Bildungspolitik sprachen die Vorsitzenden der Lehrer-Gewerkschaft GEW Birgit Koch und des Landeselternbeirats Reiner Pilz. Sie sehen dringenden Handlungsbedarf in Sachen Inklusion, für diese Aufgabe fehlen weiterhin Lehrkräfte, hieß es. Die Ankündigung der Landesregierung, 700 neue Stellen zu schaffen, sei zu begrüßen, aber nur ein „Tropfen auf dem heißen Stein“.

„Jahrzehntelang wurde an der Ausbildung gespart, der Zustand vieler Schulgebäude ist nicht hinnehmbar“, kritisierte der AGAH-Chef Enis Gülegen. „In Frankfurt ist bis zu einer Milliarde Euro für die Sanierung notwendig, sieben neue Schulen müssen gebaut werden, um den Bedarf zu decken.“ Für Migrantenkinder forderten die Sprecher Bildungsgerechtigkeit: Der Mehrwert, den sie mitbringen, beispielsweise durch ihre Muttersprache oder ihre Kultur, werde nicht berücksichtigt.

Gastgeber Arif Ergüven, Vorsitzender des Ausländerbeirats Obertshausen, berichtete vom Besuch von vier Schulen. 50 bis 60 Prozent der Schüler haben hier einen Migrationshintergrund. An der Hermann-Hesse-Schule liefen zwei Intensivklassen, in den anderen Einrichtungen seien Kinder aus anderen Ländern auf die Regelklassen verteilt. „Sprachprobleme werden sehr ernst genommen, es gibt Vorklassen mit Deutsch-Kursen, Essen ohne Schweinefleisch“, zählte der Vorsitzende auf. Ob Lehrerinnen mit Kopftuch unterrichten dürfen, soll jeweils die Schulleitung entscheiden, heißt es aus Wiesbaden. In Obertshausen gebe es keine Pädagogin mit Kopftuch, allerdings haben sich zwei Jugendliche zum Salafismus bekannt. Die Hausaufgabenhilfe an den Schulen sei zum Teil kostenlos, lobte Ergüven.

Gründe für geringe Wahlbeteiligung

Das größte Problem für seine Landsleute sei, dass sie immer noch nicht wählen dürfen. „Wir haben das Wählen abgewöhnt bekommen“, erklärte er, warum viele Berechtigte auch für die Wahl des Ausländerbeirats nicht an die Urne gehen. „Viele von uns sind schon in Parteien Mitglied, aber wir können uns da nicht durchsetzen.“ Darum würden Ausländerbeirate noch sehr lange bleiben, „so lange die Diskriminierung Realität ist“. Fremdenfeindlichkeit gebe es nicht, wenn man sich kennt, beobachtete Ergüven. „Wir müssen mehr Kontakte herstellen“, zeige seine Erfahrung aus Obertshausen, denn, „hier gibt es keine Probleme“.