Stadtführungen des Heimat- und Geschichtsvereins kommen sehr gut an Mit Kreativität und Engagement

Die Stadtführung durch die Straßen in Obertshausen macht auch am Bahnhof Halt. Foto: m

Obertshausen (m) – Wer sagt was am schnellsten ab? Diesem unbeschriebenen Wettbewerb stellt der Heimat- und Geschichtsverein (HGV) Kreativität und Engagement entgegen. Ein kleiner Kreis kundiger Bürger beweist: Viele Veranstaltungen sind auch in der neuen Zeit möglich, andere können den aktuellen Regeln angepasst werden. Eine Stadtführung zum Beispiel. Weil pro Tour höchstens 15 Interessierte teilnehmen können, starten die Leiter an jedem Wochenende gleich zwei Rundgänge.

Die Alternative zur Absage taucht abwechselnd ein in die Geschichte Hausens und in die Obertshausens. Dort, auf dem Meininger Platz, nahm die Aktion ihren Lauf. Thomas Zeiger vom HGV begrüßte gleich zwei Bürgermeister mit Ehefrauen, den verabschiedeten Roger Winter und den neuen Manuel Friedrich.

Mit vier weiteren Interessierten zogen sie vom Bahnhof bis zum Altem Friedhof, um die einstige Geschäftswelt.

Klaus Scheitler hatte viele Ausdrucke von alten Fotos jener Gebäude dabei, die dokumentieren, wie die angesteuerten Punkte früher aussahen. Die zweistündige Tour erinnerte zunächst an die Eisenbahn-Station, von der aus ab dem 1. Oktober 1896 Züge nach Offenbach und nach Reinheim verkehrten. Wegen tödlicher Unfälle mit Pferdefuhrwerken, hatte Zeiger recherchiert, wurden 1914 Schranken installiert. Einer aus der Runde erzählte vom Fahrer einer Rangierlok, der zum Frühstück-Holen den Übergang schließen ließ. Und vom Schrankenwärter, der die Polizei aus Heusenstamm ausbremste.

1951 wurde ein Fußgängerüberweg in Höhe des damaligen Sägewerks Becker, der heutigen Maingau Energie, angelegt, ‘59 ein Gleisanschluss für die Firma Karl Mayer. 40 Jahre nach dem Beginn der Planungen fuhr am 13. Dezember 2003 die erste S-Bahn die Station Obertshausen an, erinnerte Pädagoge Zeiger. Gegenüber der Bahnsteige befand sich vor gut hundert Jahren das erste Obertshausener Freibad, gespeist aus mehreren Thermalquellen, die zudem eine eigene Sprudelfabrik bedienten. Das Bad musste seinen Betrieb bald wieder einstellen, weil es zu schnell das Wasser verlor. Ob da ein heimisches Bauunternehmen für die Beckenwände Beton mit zu viel Sand vermischt hatte, wie Bürger unkten, oder der feuchte Untergrund schuld war, blieb ungeklärt.

Stadtführer Zeiger kannte noch all die Kneipen, in der sich die Dorfgesellschaft getroffen hatte – allein vier rund um den Bahnhof, dazu ein Lebensmittelladen an der Ecke zur Lessingstraße. Vor dem Lokal am heutigen Omega-Tunnel hielten einst die Postkutschen, die „Alte Post“ aber befand sich am Eingang der Waldstraße. Das erste Gasthaus und zugleich das älteste Bauwerk, der „Grüne Baum“, stand wohl schon vorm 30-jährigen Krieg neben dem damaligen St. Nikolaus-Kirchlein auf dem jetzigen Parkplatz, wurde 1961 auf Betreiben des Pfarrers abgerissen. Denn wer in der „Stätte der Sünde“ dem Gerstensaft frönte, der kam nun mal nicht zur Heiligen Messe, schimpfte der Gottesmann.

Bevor der Bestatter einzog, war in dem Haus an der Kirchstraße ein Metzger tätig. Überhaupt wartete rund um die Basilika und das frühere Rathaus, das jetzige Jugendzentrum, nahezu in jedem Gebäude ein Geschäft.

Auch die Charaktere der Ladeninhaber sind noch wohlbekannt, plauderte Zeiger aus dem Nähkästchen.

Und wie sie sonntags im Mäusesälchen hinterm „Gambrinus“ die Spiele der Kickers verschoben haben, mit feinen Lederwaren und Barem für die Schiedsrichter, behaupten Gerüchte!

Die Kneipe beherbergte ab 1875 bereits das dritte Schulhaus am „Waldweg 1“, 20 Jahre später errichtete die Gemeinde weitere Räume dahinter. Sie fielen in sich zusammen, als sie zur Jahrhundertwende zum Heimatmuseum umgebaut werden sollten. Thomas Zeiger, Lehrer a. D. und Spross namhafter Obertshausener, hat wie mancher Begleiter noch so manche Anekdote auf Lager, wies vor jedem Grundstück auf ehemalige Betriebe und verwandtschaftliche Bande hin. Infos über die Führungen sind im Internet zu finden, hgv-obertshausen.de, Anmeldungen beim HGV- Vorsitzenden Armin Paul möglich, Z  06104 41803.