Vorführung im Werkstattmuseum beeindruckt Besucher Kunst des Klöppelns ist vom Aussterben bedroht

Das Schauklöppeln am vergangenen Sonntag im Werkstattmuseum stieße auf großes Interesse. Viele Besucher schauten der Künstlerin aus Seligenstadt über die Schulter. Foto: pro

Obertshausen (pro) – Ein Dutzend hölzerner Handgriffe baumelt an winzigen Nadeln in einem Muster auf Papier. Ein Teil ist bereits von geflochtenem Faden bedeckt, eine Frau lässt die Hölzchen blitzschnell von einer Faust in die andere gleiten. Das Ganze spielt sich auf einer weichen Stoffrolle in einem Gestell vor dem Stuhl ab. Hildegard Flechsenhar unternahm am Sonntagnachmittag mit den Besuchern des Karl-Mayer-Hauses eine Art Zeitreise, führte sie ein in die Kunst des Klöppelns.

Unterstützt wurde die Kursleiterin dabei von ihren Schülerinnen der Seligenstädter Klöppelgruppe. Anlass war die Ausstellung von Werken der Liselotte Martenczuk im Obergeschoss des Werkstattmuseums. Zweimal im Jahr, im Frühjahr und im Herbst, lädt Fachfrau Flechsenhar in der Einhardstadt zu Lehrgängen ein. Dabei lernen auch erfahrene Klöpplerinnen dazu, denn es werden immer wieder neue Schläge und Briefe, Muster, entwickelt. Die Grundtechniken seien stets dieselben, erläutert der Gast an den schrägen Tischen oder vor den Stoffrollen, an Flachkissen oder Klöppelrollen, wie sie traditionell auf der tschechischen Seite des Erzgebirges benutzt werden.

Die Herstellung von Decken, Schals und Fenstermotiven besteht aus dem Kreuzen und Drehen der Klöppel. Jeweils einer der Griffe von zwei Paaren mit dem feinen Faden auf einer Spule wird über den anderen gereicht, dann gedreht. Der Vorgang wird mit dem zweiten und einem dritten Paar wiederholt. Der Brief dient als Schablone, die anzeigt, wo Nadeln in die Unterlage zu stecken sind, an denen der Faden befestigt wird.

Fördert die Konzentration

Hildegard Flechsenhar zeigt den Unterschied zwischen Halb- und Ganzschlag auf, die verschiedene Webstrukturen ergeben. Dann gibt es noch Leinen- und Formschlag, den die kundigen Damen ebenfalls beherrschen. Um Bilder zu gestalten, kombinieren sie mehrere Techniken. Die Referentin zeigt einen schlichten Engel aus weißem Leinenfaden und einen Stern mit Schweif, in dem die Heiligen Drei Könige in prächtigen Farben auf die Heilige Familie zumarschieren.

Auch Schals aus Woll- und aus Seidenfaden machen die Runde. Sie gefallen mit ihrer schlichten, aber modernen Musterung sowie mit einem hohen Tragekomfort. Was die Textilkünstlerinnen in mehreren Wochen gestalten, produziert eine Maschine des heimischen Wirkmaschinen-Herstellers in wenigen Sekunden, vergleicht die Lehrerin. Doch, „Klöppeln fördert die Konzentration, regt den Geist an und ermöglicht eine freie Zeiteinteilung“, wirbt die sie für ihr Hobby. „Nicht zu vergessen die große Freude, wenn man ein fertiges Stück in Händen hält.“

Eine Sorge teilt die Seligenstädter mit vielen anderen Vereinen: Es fehlt der Nachwuchs. Manchmal entdecken sie das Talent einer Enkelin, die regelmäßige Übung vereitle jedoch der Schulunterricht, der oft bis in den späten Nachmittag reiche, beobachtete Hildegard Flechsenhar. Das Schau-Klöppeln am Sonntag fand großen Anklang, die Ausstellung im Obertshausener Werkstattmuseum ist noch bis zum 13. März geöffnet.