Start des Kleinkunstprogramms 2019 – Nächste Vorstellung am 16. November „Landlust, das Pornoheft für Frauen“

Die Hannoveraner Friedolin Müller und Wiebke Eymess eröffneten das Kleinkunstprogramm 2019 vergangene Woche in Obertshausen. Bei einem Mix aus selbstkomponierten Liedern und irrwitziger Unterhaltung hatten die Besucher im Bürgerhaus einiges zu lachen. Foto: m

Obertshausen (m) – Wenn morgens ganz überraschend der Umzugswagen vor der Tür steht, dann hat sie sich mal wieder durchgesetzt: Die Familie zieht aufs Land, die Stadtwohnung ist mit zwei Kindern zu klein, Größeres unbezahlbar.

Die Ein-Kind-Politik der Chinesen hätte den Stress erspart.

Wiebke Eymess und Friedolin Müller ließen zum Auftakt der Kleinkunstreihe nichts anbrennen:

„Gleich knallt’s“ oder „Das Geld liegt auf der Fensterbank, Marie“.

„Du wolltest kein zweites Kind?“ - „Doch, aber nicht von Dir.“

Kleine Provokationen im Plauderton, hübsch verpackt in leise Gesänge, begleitet von Gitarre, Ukulele, Harmonika oder Mini-Synthesizer, so startete das Kulturamt die die neue Saison der anspruchsvollen Heiterkeit. Und das junge Paar aus dem Niedersächsischen lieferte reichlich Doping für die kleinen, grauen Zellen.

Natürlich nutzt man eine Garage nicht fürs Auto, „sonst gäb’s heute kein iPhone“.

Lösung des Tests für Sammler von Angeber-Wissen: Apple-Gründer Steve Jobs’ Karriere begann in einer Garage!

Zurück auf den Ackerboden der Alltäglichkeiten: „Aufm Dorf gibt‘s auch einen Bäcker.“

„Das ist ne Tankstelle. Dörfer mit Bäcker und Tankstelle sind zu teuer, da investieren die Amerikaner.“ Logisch.

Die Nachbarn lesen die „Landlust“, das „Pornoheft für Frauen“.

„Playmate des Monats ist ein Kürbis“, lernt das Publikum im fast voll besetzten Raum, „aber es gibt keine biologische Landwirtschaft“.

Die Familie bestellt Essen im Internet, hat keine Freunde, aber Hühner und wird von Vogelgezwitscher geweckt.

Die Bilder stimmen, das Duo malt sie mit viel Schlagfertigkeit und trockenem Witz, berührt Grenzen mit zweifelhaften Komplimenten: „Hoffentlich wird mein nächster Mann auch so witzig wie du.“

Er ist „manchmal intellektuell unterfordert, aber berechenbar“. Das ist so, „wenn ein Kleist-Zitat mehr antörnt als Reizwäsche“.

Sie kauft lokal, fair und bio - wie normale Frauen Schuhe!

Aber braucht er eine Elfenbein-Drechselbank im Keller?

„Klar, wenn die Böden in Sibirien auftauen und Mammut-Elfenbein hervorschwemmen.“

Jonglieren kann der Mann auch, aber vier Bälle sind’s erst, als ihr Verbündeter Peter aus dem Publikum den vierten dazu wirft.

Der Zuschauer muss fortan als Running Gag herhalten.

Themenwechsel. Haben wir das Wissen der Welt in der Hosentasche? Oder sind wir durchs Telefon dümmer geworden? Tatsache sei, Kinder lernen immer später

sprechen.

Aber das regelt ja der Logopäde, „eine Stunde Betreuung, von der Kasse bezahlt“.

Es gibt kaum ein Thema, das die Hannoveraner nicht bearbeiten.

Kurz und knackig als Vorwurf oder als Tratsch – geht immer!

Sie will wieder den alten Fernseher anschließen. „Damals haben wir immer alles gemeinsam geguckt, nicht getrennt, wenn du im Internet Serien anschaust“, in ihren Augen eine „alternative Verhütungsmethode“.

Auch auf Einwürfe aus dem Publikum regieren die Könner souverän, schwenken über zu Abgasen, Menschenrechte, Tierquäler, Flüchtlinge. Sie macht ihn eifersüchtig auf einen fiktiven Feuerwehrmann.

Sie hat ja sonst „keine Gelegenheit zum Fremdgehen“. Er hat „nie an Scheidung gedacht - an Mord, ja!“

Also, immer schön über Gefühle reden, über die Angst vorm Klimawandel, vorm Rechtsruck, vor Robotern im Job. „Smartphoner machen das Leben schöner“, singt das Pärchen vereint, aber „ich wusste nicht, dass du auf so flache Dinger stehst“.

Schluss mit dem Start, das Programm steht, „die Nacht war schön mit Dir, Obertshausen“.