Neujahrsempfang der Ahmadiyya-Gemeinde in Hausen „Liebe für alle, Hass für keinen“

Sich austauschen und gemeinsam ins Gespräch kommen war das Ziel des Neujahrsempfangs der Ahmadiyya-Gemeinde. Foto: m

Obertshausen (m) – Das ist das Leitwort der Ahmadiyya-Gemeinden. Viele Bewohner kennen die Muslime, die zumeist aus Pakistan stammen, nur vom Neujahrstag, wenn sie in den Stadtzentren die Überreste des Silvesterfeuerwerks zusammenkehren. Zwar beginnt auch für die Anhänger der besonderen Islam-Richtung das neue Jahr am 1. Januar. Dennoch lud die Obertshausener Gruppe jetzt zu einem Neujahrsempfang in den Hausener Seniorentreff ein, um Kontakte mit einheimischen Gruppierungen zu knüpfen und zu festigen.

Die wenigen Besucher im Feuerwehr-Gerätehaus nahmen die Einladung mit großem Interesse an. Die Gastgeber stellten sich in einem Film mit Interviews mit Bundespolitikern vor. Ahmadiyya plädiert „für eine gerechtere Welt, faire Handelsbeziehungen und Klimaschutz, damit Menschen überleben können“. Die Welt sei gefährdet wie nie, die Schere zwischen arm und reich gehe immer weiter auseinander. Allein in Hessen lebe jedes fünfte Kind in Armut, „das ist eines reichen Landes unwürdig und führt zu Konflikten“, hieß es bei der Begrüßung.

Die Situation werde zudem von faschistischen Kreisen genutzt, Muslime als Projektionsfläche für Hass und Ungleichheit missbraucht, kritisierte Sprecher Amjad Ahmad aus Frankfurt. „Wir stehen auf ihrer Seite, für Religionsfreiheit und eine gute gemeinsame Entwicklung.“

Stadträtin Hildegard Knorr grüßte im Namen des Magistrats und zitierte das Ahmadiyya-Motto „Frieden für alle“. Die Gemeinde habe ein Gesicht, lobte die Repräsentantin die Bräuche, öffentliche Plätze zu reinigen und Friedensbäume zu pflanzen. „Das sind starke Zeichen für Integration und Loyalität“, lobte die Stadträtin.

Christiane Böhm, Landtagsabgeordnete der Linken aus Groß-Gerau, dankte den „Partnern für den Islam-Unterricht in hessischen Schulen“. Die Muslime seien „ein Teil von uns, das ist gut so, denn sie haben hier eine Heimat gefunden, sind Teil unserer Werte, der Demokratie und des Rechtsstaats“.

CDU-Kollege Ismail Tipi betonte, die Gemeinde habe ein „Herz für Menschen“ und gebe dem Land etwas zurück, pflege eine Dankbarkeits-Kultur „in dem Land, das uns Zuwanderern viel gegeben hat. Wir leben in einem Reichtum, den wir uns nicht hätten vorstellen können“. In der Gesellschaft seien jedoch auch Hilfe und ehrenamtliche Arbeit sehr wichtig. Tipi mahnte, „wir dürfen auf keinem Auge blind sein, müssen gemeinsam gegen Extremismus kämpfen“.

Julian Reibling, Leiter der katholischen Jugend Obertshausen, freute sich für Pfarrer und Gemeinderat über die Einladung. Effizienter Klimaschutz sei „bedeutend für die Zukunft der Schüler, von denen viele jeden Freitag demonstrieren“. Für den künftigen Religionslehrer ist der Austausch zwischen den Konfessionen sehr wichtig. Mit weiteren Jugendlichen kamen er und die jungen Muslime ins Gespräch. Fast alle Ahmadiyyas sprechen akzentfrei Deutsch.

„Frieden fängt im Herzen an, wer ihn hat, will nicht mehr kämpfen, sondern lernt sich selbst zu besiegen“, lehrte Kashif Janjua, Imam in der Moschee in Seligenstadt. „Frei ist, wem es gelingt, sich von sich selbst zu befreien, eine lebendige Beziehung zu Gott aufzubauen“, schilderte der Theologe den „steinigen Kampf gegen das eigene Ich: Das ist der größte Dschihad“.

Der Imam forderte auf, im Alltag „mit der Großzügigkeit des Herzens zu teilen“. Soziale Gerechtigkeit sei die Grundlage für den Frieden, das fordere auch der Koran: „nicht nur geben, sondern auch vergeben, sich in anderen hineinfühlen“. Dem gegenüber stehe die „Angst vor Veränderungen, gesellschaftlich abzurutschen“.

Nach seinen Erfahrungen legen sich die Ängste gegenüber Moscheen, „die Nachbarn merken, es geht um ein friedliches Miteinander“. Janjua zeigte aber auch Verständnis für die „Angst vor Masseneinwanderung aus muslimischen Ländern“. Er riet, neugierig zu bleiben, sich aus erster Hand informieren, den Blick schärfen und sich auf Neues einlassen. „Es muss Räume der Begegnung geben, in Zeiten des Rechtsrucks müssen Muslime aktiv werden gegen Spaltung, Hetze und Hass“. Wer heute gegen Muslime hetze, wende sich morgen gegen alle, verachte den Mensch an und für sich.

Die Gemeinde lud ihre Gäste zu pakistanischen Spezialitäten „mit europäischen Akzenten“ ein.

Info:

45.000 Mitglieder, 50 Moscheen und ein TV-Sender gehören zu den 250 Ahmadiyya-Gemeinden in Deutschland. Die Obertshausener Gruppe zählt rund 100 Mitglieder, trifft sich in Privaträumen und zum Freitagsgebet in der Moschee an der Daimlerstraße in Offenbach. Als spirituelles Oberhaupt verehren sie Kalif Mirza Masrur Ahmad, der in London lebt. Schriften fordern von den Muslimen, Staat und Religion zu trennen und die Gesetze des Landes, in dem sie leben, zu achten.

Die Ahmadiyya-Anhänger seien außerdem verpflichtet zu „Barmherzigkeit, absoluter Gerechtigkeit sowie dazu, die Gleichwertigkeit alle Menschen zu achten“.