Ausstellung mit aktuellen und historischen Motiven Mühlheim aus der Sicht Pinhacks

Christiane Weingärtner und Walter Schäfer organisierten die Ausstellung des Mühlheimer Geschichtsverein in Erinnerung an Rudolf Pinhack. Foto: Mangold

Mühlheim (man) – Am 12. Januar starb der Künstler Rudolf Pinhack. Er wurde 87 Jahre alt. Bürger von Mühlheim kannten „Rudi“, wie ihn die meisten nannten, vor allem als Kalligrafen und Zeichner ihrer Stadt.

Der Geschichtsverein stellt momentan in seinen Räume Ecke Jahnstraße/Lessingstraße Bilder und Zeichnungen von Pinhack aus.

Christiane Weingärtner und Walter Schäfer organisierten die Ausstellung. Das kommt nicht von ungefähr: Denen liegen von Haus aus die Disziplinen, mit denen sich Pinhack beschäftigte, mit Kalligrafie und Gebäudezeichnung. Zu Weingärtner kommen die Mühlheimer, wenn sie etwa neugierig sind, was die Urgroßmutter für Briefe bekam, als sie den Urgroßvater noch nicht kannte. In Sachen Sütterlin und altdeutscher Schrift gilt Weingärtner als Expertin. Schäfer studierte Architektur.

Pinhack war einer, den der Südhesse scherzhaft als „Eingeplackten“ tituliert. Er wuchs im böhmischen Teil des Erzgebirges auf, ging später in Graßlitz zur Schule. In Zuge der Bene-Dekrete musste die Familie das Land verlassen und landete letztlich in Mühlheim.

Bei der Firma Klingspor in Offenbach absolvierte Rudi eine Ausbildung zum Chemigrafen. Ein Beruf, der Ende er 90er Jahre endgültig ausstarb. Jahre arbeitete Pinhack für das Pressehaus Bintz in Offenbach (Offenbach-Post und StadtPost), später als Kalligraf für die Stadt Mühlheim. Es gibt wohl kein bekanntes aktuelles oder historisches Motiv im Ort, dem sich Pinhack nicht widmete.

Auch sein Bild des alten Stellwerks am Bahnhof hängt im Geschichtseck. Das weckt bei Christiane Weingärtner Erinnerungen an die eigene Kindheit. Damals gab es bei den Gleisen noch keine Unterführung. Auf dem Weg Richtung Lämmerspiel stoppten die Mühlheimer an der Bahnschranke immer, zumindest gefühlt. Weingärtner erzählt, wie ihr das Warten derart in Fleisch und Blut übergegangen war, dass sie einmal gedankenverloren vor den Gleisen vom Rad stieg, obwohl ihr keine Schranke den Weg versperrte. Erst, als ein Auto sie anhupte, erwachte sie aus ihrer Träumerei.

Das Bild vom „Rathaus – um 1930“ beschreibt eine Szenerie, bei der sich durchatmen lässt: Von Gefahr durch Verkehr keine Spur. Auf der Offenbacher Straße kann ein Bub frei mit dem Rad fahren; nicht nur, weil es sich damals noch um keine Einbahnstraße handelte, sondern vor allem, weil Autos fast so selten auf der Straße fuhren, wie Zeppeline am Himmel schwebten. Auch eine Mutter kann gänzlich entspannt mit dem kleinen Sohn die Straße überqueren, der ein Leiterwägelchen hinter sich zieht.

Das Bild ist typisch für den Stil von Rudolf Pinhack, der sich mit „Naiver Realismus“ umschreiben ließe, eine Mischung aus Akkurates in der Federführung und subjektiven Blick. „Pinhack interessierte es nicht, seine Motive im strengen Maßstab zu übertragen“, beobachtet Walter Schäfer. Viel habe Pinhack aus dem Gedächtnis gezeichnet.

Das macht den Charme seiner Werke aus, die trotz der detaillierten Striche zuweilen einen fast märchenhaften Charakter haben, wie etwa die Bilder von der Lindenmühle, die 1352 das Benediktinerkloster in Seligenstadt erwarb.

Wenn Mühlheim früher einem verdienten Bürger einen Ehrenbrief überreichte, dann hatte Pinhack vor dem Papier gesessen und jeden Buchstaben einzeln mit Tusche gezeichnet: Nur einmal wahrscheinlich nicht, als er 1993 selbst den Ehrenbrief überreicht bekam.

Der Mann mit der ruhigen Hand nahm auch von Vereinen Aufträge an. Etwa vom LCV, wie ein Stück in der Ausstellung verrät. Dort hängt eine „Ehrenurkunde für Herrn Günter Schmitt“ zu dessen 70. Geburtstag, datiert auf den 27. März 2006. Unter anderem ist zu lesen: „Seit nunmehr fast 55 Jahren zählst du zu den Machern des Lämmerspieler Carneval-Vereins.“

Die nächsten Monate lassen sich die Bilder von Rudolf Pinhack im Geschichts-Eck, Jahn-/Ecke Lessingstraße an jedem ersten Freitag eines Monats zwischen 15 und 18 Uhr betrachten.