„Politiker dürfen sich nicht wichtiger nehmen, als sie sind“ Schwarzbier-Anstich bei der CDU Obertshausen

Wolfgang Bosbach (dritter von links), der beliebte Polit-Profi aus dem Bergischen Land und langjährige Vize der CDU Fraktion im Bundestag war auserkoren, das Schwarzbier seiner Obertshausener Parteifreunde anzustechen. Foto: m

Obertshausen (m) – Eine höchst angespannte Lage herrscht in Berlin wie am Bierfass. Und bei Wolfgang Bosbach, der auf der Bürgerhaus-Bühne den Holzhammer schwingen soll. Der beliebte Polit-Profi aus dem Bergischen Land und langjährige Vize der CDU Fraktion im Bundestag ist auserkoren, das Schwarzbier seiner Obertshausener Parteifreunde anzustechen. Ganz ohne Spritzer nach allen Seiten geht das auch bei seinem launigem Vortrag nicht.

Mehr als 500 Besucher füllen an diesem Freitag nach Aschermittwoch den großen Saal, darunter auch Mitglieder und Anhänger anderer Parteien. Sie sind selbstverständlich nicht wegen des Freibiers gekommen. Vielmehr eilt dem Politiker ein guter Ruf als unterhaltsamer Talk-Show-Gast voraus, der Volkes Stimme vertritt. Dem wird er auch in der Hausener „gut’ Stub’“ gerecht.

Björn Simon verlas als Gastgeber und frisch gebackener Bundestagabgeordneter eine lange Liste prominenter Besucher. Viele Namen tauchen erneut in der Reihe der Spender von Fässern auf. Bosbach lenkte den Blick auf das TGS-Blasorchester, dankte für die „fulminante Eröffnung“: „Ein bisschen Fröhlichkeit, Heiterkeit und Leichtigkeit kann der Politik nicht schaden.“ Den nächsten Applaus verdient er mit der Feststellung, „Politiker dürfen sich nicht wichtiger nehmen, als sie sind“. Nicht sie, sondern Amt, Verantwortung seien wichtig. „Wenn wir nicht von Herzen lachen können, haben wir nichts zu lachen“, lehrt der Sohn einer Hessin. Und wird dann doch „janz ernst“.

Distanz zwischen Wähler und Gewählten immer größer

„Wir brauchen in Deutschland zwei große, starke Volksparteien, wir arbeiten gemeinsam auf der gleichen Baustelle“, klagt er über die schlechen Werte für die SPD. „Eine lebendige Demokratie lebt vom Austausch von Argumenten“. Es gebe ein hohes Maß an Parteien- und Politikerverdrossenheit, davor dürfe man nicht Augen verschließen, die Distanz zwischen Wählern und Gewählten werde immer größer. „80 Prozent finden Politiker doof, 90 Prozent finden es schön, wenn sie einen sehen.“ Wieder hat er das Publikum auf seiner Seite.

„Ich bin kein Rebell, sondern ein fröhlicher und friedlicher Mensch“, spricht er seine Differenzen mit anderen in der Union an. „Heute bist du en Rebell, wenn du bei deiner Meinung bleibst.“ Bosbach vertrete „ausschließlich Positionen, die früher einmal Positionen der CDU waren, aus Überzeugung, nicht aus Bockigkeit“. Stabile Verhältnisse und Frieden seien für die Generation seiner drei Töchter selbstverständlich. Das spiegeln auch die nur drei Regierungschefs in 35 Jahren.

Vaterlandsliebe sei eine gute Sache

Nach 17 Koalitionen sei zum ersten Mal eine Verhandlung geplatzt. „Na und, die Belgier haben 18 Monate für Regierungsbildung gebraucht – und hatten dabei ihr höchstes Wirtschaftswachstum“. Dann wird der Redner wieder ernst, fragt, „warum haben wir so ein schwieriges Verhältnis zum eigenen Land?“ Klagen über die Gesundheitspolitik enden, wenn man im Ausland krank wird. Nicht alles was schief läuft, sei ein Skandal, eine Katastrophe oder Schneechaos. 

„Zu meiner Zeit hieß das Winter!“ Vaterlandsliebe sei eine gute Sache, Patriotismus, nicht aber Nationalismus, schlägt er ein weiteres konservatives Musterthema an. „Man muss nicht sagen, dass man stolz ist, Deutscher zu sein. Aber man darf es!“ Wieder Applaus.Zum Brexit: 61 Jahre lang sei die EU gewachsen. Jetzt müsse es einen „klaren Unterschied geben, ob ein Land Mitglied ist oder nicht“. Ein Land, das glaubt, seine Interessen am besten allein vertreten zu können, begehe einen kapitalen Fehler“. Wesenskern der Gemeinschaft sei das Leben in Frieden und Freiheit und dass die neun Nachbarländer nicht aufeinander los-, sondern zugehen.

Bosbach fordert Beitrittsverhandlungen mit der Türkei  zu beenden

Bosbach forderte, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei „ein für alle Mal zu beenden“. Iran, Irak und Syrien wären sonst die Nachbarn. „Alle großen Reiche sind daran zerbrochen, dass sie zu groß waren.“ Der erste Versuch, Grenzen mit Panzern zu verändern, laufe in der Ukraine. „Wenn das Erfolg hat, wird es nicht bei diesem einen Versuch bleiben.“ Der Gast meint auch, der Migrationsdruck werde anhalten. „Wir hatten immer Zuwanderung und werden sie auch in Zukunft haben.“

Die Union müsse ein „klares politisches Profil“ schärfen. „Wenn wir in einem relativ kleinem Land friedlich miteinander leben wollen, müssen alle die gleiche Recht- und Werteordnung einhalten. Andere Länder sehen das genauso“, meint Bosbach im Nachgang zum Flüchtlingszuzug. „Wir müssen wissen, wer in unser Land kommt.“ Zugleich kritisiert er, „sieben Staaten erhalten höchste Milliardenhilfen, haben aber keinen Flüchtling aufgenommen.Sein Rat für ein Land ohne Bodenschätze: „Wer nichts im Boden hat, muss was in der Birne haben!“. Die wichtigste Investition sei die „in die Köpfe unserer Kinder“.