Ausstellung im evangelischen Gemeindehaus in Obertshausen Über Entstehung der Bibel und wichtige Funde

Armin Paul vom Kirchenvorstand hat sich intensiv vorbereitet, er bietet Führungen durch die Ausstellung an. Foto: Prochnow

Obertshausen (m) – Bücher so schwer wie Küchenmöbel und so winzig wie der Fingernagel eines Babys: Die evangelische Gemeinde hat ihre Räume in ein Museum verwandelt, in eine Herberge für Europas größte mobile Bibel-Ausstellung. Die Sammlung des Bibel- und Israel-Experten Alexander Schick von Sylt beeindruckt mit Faksimiles und einigen Originalexemplaren die Entstehung von Altem und Neuem Testament.

Gäste des Cafés Living Room im Vorraum und Hauskreise nehmen an den Führungen teil, die Armin Paul vom Kirchenvorstand und sein Team täglich anbieten, ebenso Besucher von Frankfurt bis Seligenstadt. Am Samstag führte Schick selbst durch die zehn Abteilungen und referierte über die Schriftrollen von Qumran. Anschaulich zeigt die erste Station, dass fünf Bücher zum Alten Testament zusammengefasst sind, die Aufzeichnungen des Mose, der wohl schriftkundig war, weil er als Findelkind am ägyptischen Königshaus aufwuchs, Inhalte der Thora, Geschichtliches, Poesie und die Ausführungen der großen und kleinen Propheten. Das Neue Testament bilden die vier Evangelien, die Apostelgeschichte, die Briefe von Paulus, Jakobus, Petrus, Judas und Johannes sowie die Offenbarung.

Fundstücke aus verschiedenen Epochen

Nachbildungen zeigen Schriftzeichen auf Papyrus, gebranntem Ton und Wachstafeln, die immer wieder neu beschrieben werden konnten. Die Inhalte und Sprachen aller Fundstücke aus verschiedenen Epochen stimmen mit den heutigen Übersetzungen der jeweiligen Texte überein, betont Paul, der sich für das Projekt eigens Urlaub genommen hat. Mittelpunkt der Ausstellung sind Kopien der Rollen, die ein Hirtenjunge 1947, zur Zeit der Ausrufung des Staates Israel, in einer Höhle hoch über dem Toten Meer in Tonkrügen entdeckt hat. Die Ausführungen des Jesaja sind auf 7,50 Meter Papyrus vorhanden.

Die Funde dieser ältesten Bibelhandschriften der Welt stammen aus der Zeit um 200 vor Christus, auch dieser Inhalt entspreche exakt den bekannten Versen. Insgesamt wurden 1.050 Schriftrollen aus elf Höhlen geborgen, berichtet Paul, nur zehn waren gut erhalten. Sehr alte Schriftstücke lägen zumeist in Klöstern, dachte sich der Leipziger Bibelforscher Constantin von Tischendorf und wandte sich 1844 an das auf der Sinaihalbinsel verbliebene orthodoxe Katharinenkloster. Nach erfolgloser Suche bemerkte er einen Mönch, der den Kamin mit Papieren aus dem 4. Jahrhundert nach Christus anfeuerte.

Prachtbibel der Medici

Von Tischendorf entdeckte das komplette Neue Testament, die bis dahin älteste Version. Konstantin, der erste christliche Kaiser, hatte die „Codex Sinaiticus“ anfertigen lassen. Die Ausstellung beinhaltet ferner eine Version der Prachtbibel der Medici, die 1476 in Florenz handgeschrieben und gemalt wurde. Der Gothenkönig musste erst eine Schriftsprache kreieren, um das Wort Gottes verbreiten zu können.

Ein Bereich spiegelt das Werk Luthers, der eine Fassung in deutscher Umgangssprache erstellte. Dabei kam ihm die Erfindung des Buchdrucks zupass, ein Gerät nach dem Gutenbergschen Muster lädt im Foyer zum Vervielfältigen eines Psalms ein. Die „katholische Antwort“ folgte mit der Eck-Bibel. Missionsbibeln existieren in 3.675 der rund 6.900 Sprachen auf der Erde.

Die in russische Straflager eingeschmuggelten Exemplare konnten die Gefangenen auch schon mal in die Suppe fallen lassen, sie waren kleiner als eine Streichholzschachtel und mit imprägniertem Papier ausgestattet. Die King-James-Bibel ist allerdings nur mithilfe einer Lupe lesbar. Die Allerkleinste, ebenfalls im Foyer zu bewundern, misst 3,5 auf 3,5 Millimeter. Fürs Schmökern muss sich der Gläubige eines Mikroskops bedienen.

Der hintere Teil der Waldkirche ist dem Judentum gewidmet, der Tempel des Herodes ist als Modell wieder aufgebaut. Die Ausstellung ist bis einschlielich 21. Mai täglich von 12 bis 16 und 19 bis 22 Uhr geöffnet, außer am Sonntag. Dann beginnt die letzte Führung um 16.30 Uhr.