Denn es waren die Vertreter der gerade formierten Großgemeinde, die 1977 den Beschluss fassten, in Sichtweite des Rathauses Beethovenstraße keine Toten mehr zu bestatten. So könnte die Fläche in bester Lage ab 2050 anders genutzt werden. Doch, „der Friedhof gehört zur Geschichte der Stadt“, argumentiert Hildegard Ott, Vorsitzende des Fördervereins. „In unserer schnelllebigen Zeit ist es wichtig, Werte zu erhalten und der nächsten Generation zu vermitteln“, ergänzt Vorstandsmitglied Anne Knecht. Außerdem: Nach dem Kriegsgräbergesetz dürfen die Mahnmale, die an die Gefallenen der beiden Weltkriege erinnern, grundsätzlich nicht beseitigt werden, informieren die Frauen. Das Areal in einen Park zu verwandeln oder gar für den Wohnungsbau zu verschachern sei pietät- und würdelos, wehren sie sich entschieden. „Die Pflege einer Grünanlage kostet auch Geld“, geben sie zu bedenken.
Neuer Anstrich im Innenraum
Einen ersten Schritt kam die Stadtverwaltung dem jungen Verein bereits entgegen. Der Bauhof legte den hohen Raum frisch an. Ein rötlicher Schimmer ziert die Wände, passend zum neuen Boden, zum dominierenden Ton im Teppich. Die Außenfassade soll zu einem späteren Zeitpunkt saniert werden. Die Trauerhalle bewährte sich zudem als Kulturtempel, als Veranstaltungsort für gediegene Unterhaltung. Mit Musik und Lesungen gelang es dem Förderverein Alter Friedhof, Leben vor die Gräber zu bringen. Die Schauspielerin Ulrike Hartmann rezitierte vor knapp 30 Besuchern heiter-besinnliche Verse über die Liebe, die sich mit Verstand und Eifersucht maß. Sie las auch Peter Hortons „Pfütze“, Zeilen über Respekt und Achtung gegenüber den anderen.
Sie ließ sich von sanften Klängen, auch eigenen Kompositionen des Instrumentalisten Matthias Kiel, an der Harfe begleiten. „Es ist ein wunderschöner Ort, man fühlt sich wohl“, schwärmte Hartmann. In der vorgestellten Form möchte die neue Vereinigung ihr Anliegen weiter ins Licht der Öffentlichkeit rücken. Das künftige Programm könnte aussehen wie das am Samstagnachmittag, regte die Vorsitzende an.
Mitglieder boten sich ferner an, am Erhalt von Denkmälern wie von privaten Gräbern mitzuwirken. Wie der VdK im Nachbarort könnte die Gemeinschaft das Gedenken an die Opfer der Kriege pflegen, aber auch Grabstätten, die von Hinterbliebenen nicht mehr gehegt werden können. In Absprache mit dem Bauhof sollen „unschöne Ecken“ auf der Anlage verschwinden. Das Lichterband an Heiligabend soll wachsen, jeder Besucher könnte eine Kerze mitbringen, lautete ein Vorschlag zur Erweiterung des jungen Brauchs. Hildegard Ott plant auch eine Veranstaltung zum „Tag des Friedhofs“ am 17. September“. Aber darf es Krimi-Lesungen in einer Trauerhalle geben? An der Belebung des Raums habe auch die Musikschule Interesse gezeigt, verkündete die Vorsitzende. „Wir werden diesen Weg weiter gehen und keine Ruhe geben“, kündigt Hildegard Ott an.