Erste Ausstellung des Jahres im Werkstattmuseum „Weibs-Bilder“ im Karl-Mayer-Haus

Zwei der ausstellenden Künstlerinnen des Vereins Art-Textil aus Dachau präsentieren ihre handgemachten Kunstwerke. Foto: m

Obertshausen (m) – Tief reichende Einblicke ermöglichen die Dekoltees. Ausschnitte vom Ausschnitt mit Borden und Applikationen, Spitzen und Stickereien in kräftigen Farben. Und selbst der Inhalt besteht aus Textilien. Frauen des Vereins Art-Textil für künstlerisch-handwerkliches Gestalten in Dachau brachten am vorletzten Freitagabend Weibs-Bilder ins Karl-Mayer-Haus, die erste Ausstellung im Jahr, vermittelt von der Deutschen Spitzengilde.

Die spezielle Handarbeitstechnik zieht auch diesmal nur wenige Interessierte ins Werkstattmuseum. Für die Vorsitzende Gudrun Borck bieten die Damen aus Dachau eine „atemberaubende Vielfalt:

Sie fassen alles an, damit uralte Techniken nicht verloren gehen“, bewunderte sie, von Weißstickerei über Makramee bis zum Patchwork. Auch Jörg Schüßler vom Vorstand des Heimat- und Geschichtsvereins hieß die weit gereisten Gäste willkommen.

Gonhild Murmann von Art Textil bestätigte, dass die Mitglieder ihres Vereins „vor Ideen sprühen“. Jede der meist weiblichen Kunstschaffenden versuche, ihre eigene Textil-Sprache zum Ausdruck zu bringen. Daheim werde ihr Hobby als Kunstform wertgeschätzt, dazu versuchen sie, in Kursen auch Kinder und Jugendliche zu begeistern.

Birgit Walkowiak von Art Textil hält ein Heft in der Hand. Es zeigt ein Dutzend Mal den gleichen Schuh, der aber in jeder Version weiter ausgestattet ist. Jede Teilnehmerin eines Kurses hat das Motiv mit Stickgarn und Farbe nach ihrer Fason ergänzt.

In einer anderen Runde haben sie Figuren bekleidet. Eine Hexenartige Puppe zieht mit roter Haarpracht einen scheinbar flatternden Schweif von Briefmarken aus aller Welt durch eine Vitrine. Daneben erinnern sie mit Schnipseln in einem Leporello an die surrealistische mexikanische Malerin Frida Kahlo.

„Die Objekte zum Thema Frau sind so vielschichtig wie ihre Schöpferinnen und spiegeln Zeitgeist und Kreativität“, schwärmt Gastgeberin Borck. „Wir arbeiten mit fast allen Materialien“, erläuterte Art-Textil-Vorstandsmitglied Murmann, „wir sticken, stricken, klöppeln und machen Patchwork“. In dieser Technik entstand eine Mata Hari, die der niederländischen Tänzerin und deutschen Spionin aus dem 19. Jahrhundert ähnelt, besetzt mit Applikationen, bedruckten und gefärbten Stoffen.

Reste verwandten auch die Schöpferinnen der „Marylin Monroe“, deren Röcke aus Dessins der 70er Jahre, mit Blumen und Blüten, sowie aus winzigen Perlen bestehen. Ein anderer Glasschrank zeigt Ergebnisse des Perlenbeutelstickens, einer alten Technik. „Eine Frau ist eine Frau ist eine Frau ist eine Rose“, heißt es in einem Kasten mit einer gestickten russischen Puppe.

Auch im 21. Jahrhundert spielt Schmuck eine wichtige Rolle. Sein Stil kennzeichnet Kulturen, die Japanerin trägt andere Kopfbedeckungen als eine Afrikanerin, zeigt die Schau in der historischen Mitte Obertshausens. „Sie geben niemals auf und kämpfen für ihre Rechte, verdienen den Lebensunterhalt für die Familie in einer Gesellschaft, die ihre Mitglieder zu hungernden Arbeitern macht“, üben die Künstlerinnen Gesellschaftskritik.

„In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst“, lautet eine andere Weisheit unter den Augen von Karl Mayer.

Der Firmengründer lächelt von einem gestickten Porträt und scheint über die Exponate der Gäste zu wachen. Die weit gereisten Talente präsentieren noch mehr „Black Work“, „schwarze Arbeit“, Konterfeis aus dunklem Faden auf hellem Grund. „Das ist das klassische Klöppeln“, unterrichtet Sprecherin Walkowiak, „nur helle Fäden verwenden“.

Die Auswahl umfasst auch Prosemanten-Knöpfe, wie sie Oma und Opa noch an der Bettwäsche und den Trachten hatten. Die Damen haben die Halterungen vergrößert und ihnen mit einer speziellen Wickeltechnik Farbeffekte verliehen. „Früher war die Handarbeit eine Notwendigkeit“, sagt Murmann. „Heute wollen wir die Vielfalt der alten Tradition um neue Ideen erweitern.“

Die Ausstellung Weibs-Bilder des Dachauer Vereins Art-Textil ist bis zum 14. April im Karl-Mayer-Haus zu sehen, an jedem zweiten Sonntag von 14 bis 17 Uhr, zunächst an 13. und 27. Januar, 10., 17. und 24. Februar. Am 17. findet ein Fachvortrag über „Bildstickerei – alte Technik neu interpretiert“ von Annemarie Pattis, Vorsitzende von Art-Textl, statt.