Bürgerinitiativen anno 1973, fast wöchentliche Bürgerversammlungen / Abschied vom Kreis Offenbach Alle Kämpfe waren umsonst: Klein-Auheim wird eingegliedert

Bei der Auheimer Bürgerversammlung anno 1973: Hans Vigelius (links) und Helmut Lang, Sprecher der Bürgerinitative. Repros: zew

Von Elena Wolf

 

Stadtteile – Wenn Sie diesen Zeitungsartikel lesen, lässt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, dass sie entweder in Hanau/Steinheim oder Hanau/ Klein-Auheim wohnhaft sind. Selbstverständlich. Ein Ortsteil namens „Offenbach/Klein-Auheim“ klänge an dieser Stelle völlig frei erfunden und schlichtweg „falsch“: Doch reisen Sie gedanklich einmal zurück in die Vergangenheit, dann werden Sie sich, natürlich abhängig von Ihrem Alter, wahrscheinlich noch daran erinnern können, dass die Zugehörigkeit Klein-Auheims zu Hanau nicht immer eine Selbstverständlichkeit war und unser kleiner beschaulicher Stadtteil einmal sehr wohl Offenbach zugehörig war, nämlich zwischen 1832 und 1973.

„1973 - singing here we go again“, eine Zeile aus einem bekannten Lied des Sängers James Blunt, das Ihnen nun vielleicht durch die Ohren schallt. Zwar erst Jahrzehnte später veröffentlicht, und doch veranschaulicht es das Jahr und die damalige Situation der Gemeinde Klein-Auheim absolut treffend. „Here we go again“, dürften sich die Bürger, das Gemeindeparlament und jegliche Beteiligte im Jahr 1973 auch gedacht haben, als die Frage einer Eingliederung Klein-Auheims nach Hanau aufkam und deren endgültige Entscheidung fast wöchentliche Bürgerversammlungen, Gemeinderatssitzungen und wochenlange Proteste auslöste.

Heute kaum vorstellbar, doch zur damaligen Zeit betrachtete ein Großteil der Bürger eine Eingliederung nach Hanau als „angrenzende Vergewaltigung“, wie Walter Schmitt (1918 bis 2007), Landrat des Kreises Offenbach von 1964 bis 1982, es damals zu Wort brachte, und man sah „jegliche Arbeit der letzten Jahren zunichte gemacht, sie sei dann umsonst“.

Nicht nur die Frage nach der Selbstständigkeit Klein-Auheims im Kreis Offenbach, sondern auch die Frage nach einem Zusammenschluss Steinheims mit Klein-Auheim sorgte unter den Bürgern beider Stadtteile für Aufruhr: So könne Steinheim laut Walter Schmitt sein „Wachstum in Selbstständigkeit besser ausweiten als in Abhängigkeit“, und für Klein-Auheim sei es „das Schlechteste, was passieren könnte, weil uns mit dieser Kommune nichts verbindet, außer dem Müllabfuhrzweckverband.“, so Klein-Auheims damaliger Bürgermeister Willi Rehbein.

Nach dem Beschluss zur Bildung einer Delegation, die mit der Stadt Hanau Verhandlungen zum Zwecke einer freiwilligen Eingemeindung Klein-Auheims an Hanau aufnehmen sollte, gründeten die Klein-Auheimer Bürger eine Bürgerinitiative, die die Selbstständigkeit Klein-Auheims verteidigte, Unterschriften sammelte und letztlich 3.240 Unterschriften für eine Selbstständigkeit Klein-Auheims im Kreis Offenbach einholten.

„Sieg der Vernunft“, so bezeichnete der ehemalige Berichterstatter der HeimatPost, Hans Schlüter, die endgültige Entscheidung des Gemeindeparlaments von Klein-Auheim, keine Verhandlungen der Stadt Hanau auf Basis einer freiwilligen Eingliederung zu führen. Bis hin zu diesem, vorerst endgültigen Beschluss Ende November 1973, bedurfte es „unermüdlicher Aktivität der Bürgerinitiative, Bürgerversammlungen, Gemeinderatssitzungen und die Einsicht zweier Gemeindevertreter der SPD, die sich zuletzt von den Argumenten der Bürger und der CDU-Fraktion überzeugen ließen.“

Die SPD, die die besagte Eingliederung mit ihrer Mehrzahl an Stimmen im Gemeindeparlament beantragt hatte, erlitt mit diesem Beschluss wohl ihre größte Niederlage: „Ein Sieg der Vernunft, dessen großer Verlierer die Mehrheitsfraktion im Gemeindeparlament, die SPD, ist.“, fasste Hans Schlüter den Ausgang dieses Prozesses im Jahr 1973 zusammen.

> Am 1. Juli 1974 wurde Klein-Auheim – wie auch das benachbarte Steinheim, beide ehemals Landkreis Offenbach – im Rahmen der Gebietsreform in Hessen kraft Landesgesetz in die Stadt Hanau eingegliedert.

Anno 2006 feierte Klein-Auheim gemeinsam mit dem Stadtteil Großauheim die 1200-Jahr-Feier. Die HeimatPost veröffentlichte damals regelmäßig geschichtliche Seiten.

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