„Wann wird aus Staanem widder Staanem?“ / CCSW-Sitzung in der Kulturhalle „Flussgott“ und „Hafenbalkon“ dominieren die CCSW-Sitzung

Als „Kapitäne“ traten die Aktiven der Gruppe „Flasche leer“ in diesem Jahr bei der CCSW-Fastnacht in Steinheim auf. Sie sind auch Jahreskappenträger 2020. Fotos: beko

Steinheim (beko) - 700 Jahre Stadtrechte Steinheim, der Flussgott vor der Kulturhalle und der teure „Hafenbalkon“ am Mainuferweg - sollte man die Steinheimer Sitzung des Carneval-Clubs Schwarz-Weiß (CCSW) auf die wichtigsten Inhalte konzentrieren, dann trifft man mit diesen drei Themen ins Volle. Doch die nahezu sechs Stunden dauernde Premiere hatte einmal mehr auch optisch einiges zu bieten, wobei die Flying Potatoes, am Mainesstrand angelnd, mal wieder die absolut aussagekräftigsten Kostüme auf die närrische Bühne brachten.

Gleich zwei krankheitsbedingte Ausfälle mussten die CCSW-Verantwortlichen in der Premierensitzung verkraften. Während der erkrankte Protokoller Thomas Franz noch von Conny Baumecker vertreten wird, gab es für die „Prinzessin aus Steinheim“, die junge Emelie Horch, keinen Ersatz.

Die Mitmachmusigger bringen pünktlich zum Start Stimmung in die voll besetzte Kulturhalle, in der schon zu Beginn das von Gernot Pförtner und Heinz Kreis mit viel Liebe gestaltete Bühnenbild auffällt. Der Elferrat um Sitzungspräsident Andi Sticher nimmt quasi mitten in der Staanemer Altstadt am Schloss Platz, wirklich ein „Schwarz-weißes Spektakulum - rund ums Schloss erum“.

Erstaunen dann bei den Narren im Saal: 27 Kinder bevölkern die Bühne und das als Harlekine. Die Kleinsten, die Piccolinos, im elften Jahr trainiert von Josephine und Janine. Weiter geht’s mit dem Protokoll. Thomas Franz hat’s noch geschrieben, musste es dann aber an Conny Baumecker weitergeben, die musikalisch das „Omalied vom Hühnerstall“ aufbereitete, vom Shitstorm im Netz und von all den Ausdrücken berichtet, die man heutzutage nicht mehr verwenden darf, weil... Na ja, weil halt. Ernst Neger mit seinem Humba tätärä wär’ dann beispielsweise der Ernst Schaumkopf. Themen gibt’s genug: Greta aus Schweden, die Bon-Pflicht auch beim Bäcker (gibt’s dann auch mal „Schwarzbrot“), die Drive-in-Aktionen der Eltern, die ihre Kinder am liebsten mit dem Auto in die Klassenzimmer fahren würden und natürlich auch hier schon die Themen „Flussgott“ und „Hafenbalkon“ (ein „Denkmal“ ist wichtiger als ne richtige Trauerhalle), die sich wie ein roter Faden durch die Sitzung ziehen.

Dann noch der Seitenhieb auf Thüringen und seinen gewählt-zurückgetretenen Ministerpräsidenten: Ihr könnt wählen, wer uns lenkt, Mehrheiten entstehen schneller als man denkt!

Zum Prinzessinnen-Stammtisch laden die „Guutsjer“ ein, berichten von ihren Sorgen und sind sich schlussendlich einig: Nie wieder einen Prinzen, nicht mal Kevin-Prince Boateng. Zeit für die Mädchengang, die Lollipops mit einem tollen tänzerischen Vorgeschmack, auf das, was noch kommt. Als „Mainzer Rad“ kommt Pfarrer Hermann Differenz auf die Bühne und glossiert gekonnt und im astreinen Dialekt („Giesemer“ könnes halt) nicht nur die unsäglichen Wechsel zwischen 30er und 50er-Zonen in Klanaam (könne die net 40er-Schilder uffstelle, kann mer sisch mehr uff de Verkehr konzentriern), sondern plaudert so manche Interna aus. Dem Narrenvolk gefällt’s: Erste Zugabe-Rufe.

Es wird Nacht in Staanem und was da so im Museum abgeht, das machen die Aktiven der Gruppe „Staanemer Blut“ (fast alles Neulinge auf der Bühne) deutlich und als Zugabe präsentiert Lia Weiß als „Friedensdenkmal“ ein Steinheim-Lied, das spontan mitgesungen wird. Fünf Jahre ist er der „Herr über alle Flasche“ bei der CCSW-Fastnacht, Mundschenk Matthias Emser, der einen Text vom schmerzlich vermissten Rainer Herbert zum Besten gibt.

Die erste „Kerborschine“ sorgt mit den als Kerbborsche verkleideten „Spotlights“ für tänzerische Akzente und dann ein Ah und Oh bei jeder neuen Akteurin, die am „Mainesstrand“ bei den Flying Potatoes geangelt wird. „Krass geile Outfits“ bemerkt selbst der Jugendliche, der sich sicher das eine oder andere Foto in unserer Bildergalerie anschauen wird. Absolute Spitzenklasse einmal wieder die Kostüme, nicht nur der Hummer, die Eisprinzessin, der Blinker, der Schwan oder der viel umjubelte „Flussgott“.

Und dann noch die versteckten „Erinnerungen an früher“ (In Staanem konnt mer frieher rischtisch shoppe / Kennt ihr noch de „Master of Univers“ alias Willi Bendel?) und das mit allen geschmetterte Lied „Wann wird aus Staanem wieder Staanem? Staanem, so wie es einmal war...“. Vielleicht mit einem Sea-Life-Aquarium in leerstehenden Schaufenstern der Vorstadt.

Pause. Wir kommen zur Stadtrechte-Verleihung, historisch dargestellt in einem Heimatspiel unter permanentem Szenenapplaus von Gottfried von Eppstein (Christa Grünbecken), Madam Lorett (Hannelore Sticher), dem Page von König Gustav Adolf (Dagmar Horch) und König Ludwig, dem Bayer (Pfarrer Lukasz Szafera). Klar, dass auch hier Altes mit Neuem verknüpft wird und schnell ist man beim rostigen Hafenbalkon, jener 20 Quadratmeter großen Aussichts-Plattform“ am Main, und beim „Flussgott“ angekommen, der noch in diesem Jahr (auch wenn’s außerm Ortsbeirat und Stadtrat Morlock keiner will) vor der Kulturhalle seinen Platz haben wird. Lebensgroß, Aug’ in Aug’ mit dem Betrachter. Security für Veranstaltungen sind dann nicht mehr notwendig. Und was sagen Groß-Steinheimer? Glück, dass es Kunstwerk in Klaa-Staanem steht. Hoffentlich werd’s kaan zweite Wallfahrtsort.

„Erbarme, zu spät, die Hesse komme“ schmettern die „Äppelsche und Bembelsche“ der „Las Estrellas“, in der Kneipe „Zum Bumbes“ wird dem Gast aus Sachsen (Frank Diwisch) hessisch gelehrt (von „Zoppo“ Müller und Andi Schleiff) und anschließend begeistern die „Scrabbles“ als Gespenster im Staanemer Schloss, bevor die „Drei Federweisen aus dem Morgenland“ alias „Yellow Snow“ (Stefan Schwickert, Andi und Alex Sticher) auf Äppelwoi-Tour 2020 die Meute im Saal von den Sitzen reißen. „Griechischer Wein“ wird schnell mal umfunktioniert in „Kriesch isch en Wein?“

Die aktuellen Jahreskappenträger, 14 Jungs, tanzen als Kapitäne der Gruppe „Flasche Leer“ und als „Zauberer und Hexen“ kommen die „Blauen“ auf die Bühne vor dem großen CCSW-Finale. Manch einer freut sich bereits auf die zweite und dritte Sitzung morgen und am Samstag, jeweils ab 19.22 Uhr. Helau!

Lesen Sie dazu auch Super-Kostüme (mit Bildergalerie)

Fotos vom zweiten Teil der CCSW-Sitzung in unserer Bildergalerie.

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