Kreuzwallfahrt in Steinheim mit dem Mainzer Bischof Peter Kohlgraf / Mit Bildergalerie „Das Kreuz ist mehr als ein Symbol für Werte“

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf war Festprediger bei der Kreuzwallfahrt in Steinheim. Hier mit dem Heiligen Kreuz im Beisein von Pfarrer Lukasz Szafera.  Foto: beko

Steinheim (red) – Christsein sei mehr als eine „intellektuelle Spielerei“, stattdessen müsse der Glaube konkrete Konsequenzen im Leben des Einzelnen haben. Das betonte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf in seiner Predigt bei der Kreuzwallfahrt in Steinheim. Die Bistumspresse berichtet darüber.

Glaube müsse mehr sein als seine gesellschaftliche Bedeutung oder christliche Werte als Grundlage des Zusammenlebens, sagte Kohlgraf. Ausgangspunkt für seine Predigt war der Vortrag „Skandalöser Realismus“ von Kardinal Josef Ratzinger.

Wörtlich sagte der Bischof: „Wenn wir heute bei unserer Wallfahrt das Kreuz in den Mittelpunkt stellen und verehren, dann ermahnt und ermutigt es uns, selbst einen konkreten Glauben im Fleisch zu leben. Mich von Christus berühren zu lassen, verwandeln zu lassen. Er hat mein Leben angenommen, nun muss auch ich ihn aufnehmen, seine Lebensform annehmen und ihm ähnlich werden. Das Kreuz lädt ein, mich meiner Erlösungsbedürftigkeit zu stellen. Ich brauche diesen Erlöser, ich kann mich allein nicht ins ewige Leben retten. Das Kreuz ist mehr als ein Symbol für Werte, es nimmt in die Pflicht. Jeden Tag begegnen uns zahlreiche Kreuze. Mögen wir uns immer neu seiner Bedeutung erinnern und uns von Christus am Kreuz ansprechen lassen.“

Die christliche Erlösungsbotschaft sei sehr konkret, betonte Kohlgraf: „Gott geht ins Fleisch. Indem Gottes Sohn Mensch wird, zeigt er, dass ihm jeder Mensch unendlich wichtig ist. Er hat unter uns gewohnt, sagt das Johannesevangelium. Gott wird in Christus Mensch, um unser Bruder zu werden. Machen wir uns bewusst, was das heißt: Er, der große Gott, den wir nicht denken können, wird mein persönlicher Bruder und Erlöser. Indem Christus Fleisch annimmt, nimmt er mich an, als ganzen Menschen, mit allen Schwächen und allen Stärken. Der Christ hat kein besseres und einfacheres Leben als jeder andere Mensch auch. Aber er hat die Garantie, nie mehr allein zu sein. Die konkrete Menschwerdung, ja die ‚Fleisch’-werdung ermöglicht unser aller Rettung aus dem Tod, der am Ende auf uns alle wartet.“

Jesus bleibe auch als Auferstandener erfahrbar, ganz „real und konkret“ bleibe der Auferstandene „in den Zeichen von Brot und Wein berührbar und erfahrbar unter uns“, sagte der Bischof. „Eucharistie ist nicht nur Erinnerung, sondern Vergegenwärtigung.

Er ist es selbst, den wir als Speise erhalten. Aus dieser konkreten Nahrung werden wir zu seinem Leib geformt, zu seiner Kirche.“ Weiter sagte Kohlgraf: „Auch die leibhaftige Kirche gehört zu diesem skandalösen Realismus. Christus inkarniert sich nicht in eine perfekte Gemeinschaft, in eine geistige, allen irdischen Schwächen und Nöten entzogene Gruppe, sondern in die konkrete Kirche mit all ihren Menschlichkeiten und Problemen. Ich kann Christus nicht haben ohne diese Kirche. Bereits Paulus sieht im Kreuz die Ursache dafür, dass besonders auch schwache Menschen, sündige Menschen, Teil dieser Kirche sind. Im gekreuzigten Christus stellt Gott alle menschliche religiöse Logik auf den Kopf.“

Dieser skandalöse Realismus setze sich auch darin fort, wie Christus Nachfolge von den Menschen fordere: „Er fordert nicht ein Gefühl, eine Liebe, die sich selbst genügt, sondern eine Liebe zum Nächsten, die gerade dem Feind, dem Abstoßenden gilt.

Ärgerlicher Realismus auch in Bezug auf die sozialen Forderungen Jesu: Er setzt sich mit den Leidenden und Bedürftigen gleich: Was ihr einem der Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan. Er steht nicht für ein paar Werte, sondern für die absteigende Liebe zum Anderen, bei der man sich auch selbst schmutzig und verwundbar macht.“

Bischof Kohlgraf ging in seiner Predigt auch auf die sogenannte MHG-Studie zum sexuellen Missbrauch in der Kirche ein, über die in dieser Woche breit vorab in den Medien berichtet worden ist. Er kündigte an, dass er sich nach der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda (24.-27. September) mit einem Brief an die Gemeinden des Bistums zu dem Thema äußern werde. Den Bischöfen sei die komplette Studie bislang noch nicht bekannt. Daher bat Kohlgraf um Verständnis, dass er erst die Präsentation der Ergebnisse durch das Forschungskonsortium in Fulda abwarten werde, bevor er dazu in der Öffentlichkeit etwas sagen werde. „Was den Umgang mit sexuellem Missbrauch angeht, stehen wir erst am Beginn eines langen Weges“, sagte der Bischof: „Es ist notwendig, dass wir uns diesem Thema stellen. Ich bitte Sie, diesen Weg im Gebet mitzutragen.“

Vor dem Gottesdienst waren die Pilger aus drei Richtungen zum Wallfahrtsplatz losgelaufen, um sich dann zu einer gemeinsamen Prozession zusammenzufinden. Aus St. Nikolaus kam die Prozession mit Bischof Kohlgraf mit dem Wallfahrtskreuz, begleitet durch den Orchesterverein Steinheim. In St. Johann Baptist begann die Sakramentsprozession mit dem Allerheiligsten. Dieser Prozession hatten sich dann die Gläubigen aus St. Peter und Paul in Klein-Auheim mit dem getragenen Evangelium angeschlossen.

Das Pontifikalamt wurde musikalisch durch den Kirchenchor St. Johann Baptist unter Leitung von Natascha Steinwachs sowie vom katholischen Musikverein Excelsa der Pfarrei St. Johann Baptist unter Leitung von Lukas Wempe und Richard Mallmann an der Orgel gestaltet. Die Begrüßung hatte Pfarrer Lukasz Szafera übernommen. Nach dem Mittagessen fand die Abschlussandacht mit Dekan Dieter Bockholt statt, bei der die am Wallfahrtsstand erworbenen Andachtsgegenstände gesegnet wurden.

Fotos von der Kreuzwallfahrt in Steinheim in unserer Bildergalerie.

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