180 Zuhörer lauschten im Pfarrheim St. Lucia den Lämmerspieler Geschichten Ein historischer Rückblick auf Lämmerspiel mit Klaus „Käsper“ Roth

Klaus Roth erzählt den Gästen in seinem Vortrag aus einem schier unerschöpflichen Schatz an Erinnerungen, wie Lämmerspiel damals war. Foto: m

Mühlheim (m) – Eine Orgel ohne Strom? - Ein Paradies für Messdiener! Klaus „Käsper“ Roth war einer von denen, die das Instrument noch mittels eines Blasebalgs in Gang brachten. 1927 erhielt die Lämmerspieler Pfarrkirche Spieltisch und Pfeifen. Im selben Jahr floss der erste Strom durch den Ort, berichtete der „Käsper“, aber halt noch nicht bis zur Orgel. 180 Zuhörer lauschten im Pfarrheim St. Lucia seinem schier unerschöpflichen Schatz an Erinnerungen, die Lämmerspieler Gruppe im Geschichtsverein hatte sie mit historischen und aktuellen Bilder von Gebäuden und Festen illustriert.

Erst seit 1936 verfügen sie über fließendes Wasser. Bis dahin schöpften sie das kühle Nass aus Brunnen, aus Rodau und „Broi“, wie sie den Brühlbach abkürzten, „und es war sauber“, versicherte Roth. Eine der alten schwarz-weiß-Aufnahmen zeigt vergnügte junge Damen am Mädchen-Badetag im Wasser der aufgestauten Rodau. „Wir haben durch den Zaun zugeguckt“, verrät der Käsper.

Neben einem Freibad hatte Lämmerspiel freilich auch verschiedene Treffpunkte. „Bahnhof?“, antworteten ein paar Einwohner einem Fremden, „wir haben einen katholischen und einen evangelischen!“. Noch mehr als „Bahnhöfe“ haben sie Roths, der wohl häufigste Name im Ort. Um die einzelnen Träger auseinanderhalten zu können, haben sie ihnen Spitznamen verpasst. „Käsper“ habe etwas mit seiner Adresse zu tun, erläuterte der Sprecher.

Selbst aus der Kriegszeit sind noch heitere Erinnerungen geblieben. Als nach einem Bombenangriff der Gickel auf dem Kirchturm schepp hing, bargen ihn mutige und schwindelfreie Feuerwehrleute ganz ohne Absicherung aus luftiger Höhe zur Reparatur herunter. 1961 wurde das alte Gotteshaus abgerissen und das heutige gebaut, zeigen andere Dokumente, die Horst Baier auf die Leinwand projizierte. Der Grundstein der ersten Schule trägt die Jahreszahl 1769. 1844 wurden jene Unterrichtsräume, die später Verwaltung und Vereine beherbergte. Der Amtsschimmel monierte damals „zu viele Fenster“, also mussten einige wieder zugemauert werden. Auch die Mühle hatte ihre Besonderheit – das Wasserrad lag im Inneren des Gebäudes.

Dort am Bach entstand später das Schwesternhaus, von Pfarrer Schumacher erbaut und nach ihm benannt. In das heutige Pfarrheim sind vor fast 100 Jahren Nonnen eingezogen, in den 50ern wurden dort Zähne gezogen – es war die einzige Praxis am Ort. Auf dem zweistöckigen Karussell auf dem Dalles sei ihm immer schlecht geworden, gesteht der Erzähler. Den Zirkus auf dem Platz vor der Kirche beäugten die Lämmerspieler argwöhnisch. „Die größten Kamele sind immer die Väter“, lernte der kleine Klaus über den kleinen Unterschied.

Das „Zentraltheater“ öffnete 1949 am Ortseingang von Hausen. Eng mit der Bühne verbunden war Nico Sendlbeck, einer der ganz Großen in Lämmerspiel. Er leitete mehrere Chöre und Laienspielgruppen.

Das Theater steht heute noch, wird aber von einer Firma genutzt. Bis zum Krieg hatte das Dorf zahlreiche Kneipen und Lebensmittelläden. Der Käsper kennt sie noch alle, vom Schmelze und Post über Krone, Schreiber Peter und Eyßen bis zu den beiden Seipels, wovon einer „d Linke“ genannt wurde, weil er auf der linken Straßenseite residierte.

Doch allein der Eyßen, der erst vor einigen Jahren schloss, hatte Metzgerei, Worschtküch’ und Fremdenzimmer unter einem Dach. Was ihm den ehrenvollen Titel „Kaufhaus des Westens“ einbrachte. Weitere Zeitzeugnisse erinnern an das Hochwasser der Broi, einen Festzug der Feuerwehr und das erste Geschäft, das mit „Drogen“ warb, eine Drogerie. Der Experte kennt zudem all die Firmen, in denen Teile für die Kriegsmaschinerie gefertigt wurden, was den Anwohnern Angst vor Angriffen machte. Nach ’45 schossen auch in Lämmerspiel die Babbscher-Buden und Portefeuiller-Betriebe aus dem Boden – Stoff für einen eigenen Abend.