Bei der Krippenwanderung zeigten zum 19. Mal Offenbacher Kirchen ihre weihnachtlichen Schätze Mit Perlmutt aus Palästina

Offenbach J  Nirgendwo sonst wird einem der wahre Sinn von Weihnachten mehr bewusst als an einer Krippe. In Offenbach ist seit 19 Jahren am zweiten Weihnachtsfeiertag Krippenwanderung. Diesmal nahmen 13 Kirchen daran teil und luden zum Verweilen, Betrachten, Besinnen und Informieren ein.

Die Darstellung zur Geburt Jesu Christi, ob geschnitzt, aus Papier, Stoff oder Glas, ist der Dreh- und Angelpunkt des Weihnachtsfestes. Ihre Symbolkraft ist stärker als die des Weihnachtsbaumes, der ihr dennoch in den letzten Jahren etwas den Rang abgelaufen zu haben scheint. „Früher hatte fast jede Familie eine Krippe zuhause, heute geht dieser Brauch allmählich verloren“, bedauert Paolo Manfredi, Pfarrer der Italienischen katholischen Gemeinde.

Daher ist es ihm ein besonderes Anliegen, gerade Kindern ihre Bedeutung nahezubringen. Neben der Kapelle an der Rathenaustraße ist ein echtes Vorzeige-Exemplar aufgebaut. „Die einzige Krippe der Krippenwanderung, die sich draußen befindet“, sagt Manfredi. Geschützt hinter Glas, wird eine aufwendige Szenerie gezeigt, deren Aufbau zwei bis drei Tage dauert. „Jedes Jahr gestalten wir sie ein bisschen anders“, so der Pfarrer, der die Figuren vor rund 20 Jahren aus Italien mitgebracht hat. Der Ausschnitt des Lukas-Evangeliums zu Jesu Geburt steht in deutscher und italienischer Sprache neben dem Schaufenster, zusätzlich wird er vom Band abgespielt. Auch im Inneren des Gotteshauses geht es weihnachtlich weiter. Vor dem Altar liegt das Jesuskind in einem Weidenkorb.

Der gleiche Anblick eröffnet sich dem Besucher auch in der Marienkirche, wo die Italienische Gemeinde ihre Gottesdienste feiert. Außerdem ist dort eine entzückende Krippe mit Stofffiguren aufgebaut, welche die Kinder der Kita St. Marien jedes Jahr neu bestücken. Den längsten Blick zieht freilich die Hauptkrippe auf sich, die mehr als 100 Jahre alt und fest in einem Erker installiert ist. Bis 3. Februar ist sie noch zu bewundern, dann werden die Figuren einzeln verpackt und verstaut. „Nur die Engel lassen wir hängen, die sollte man nicht anfassen, sie sind sehr empfindlich und müssten restauriert werden“, sagt eine ehrenamtliche Helferin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Erst ab 6. Januar kommen die heiligen drei Könige hinzu. „Da sind wir vom alten Schlag.“

Eine charmante Lösung hat sich die Stadtkirche einfallen lassen. Nach und nach rücken die drei Weisen näher an den Altarraum zur großen Krippe, die vom Volk der Wamakonde in Tansania stammt. „Aufgebaut haben wir sie erst an der hintersten Bankreihe, am Dreikönigstag werden sie an der Krippe ankommen“, sagt Armin Hinterseher vom Vorstand der Stadtkirche, der gestern den Besuchern der Krippenwanderung die Schätze seiner Gemeinde nähergebracht hat.

Ein besonderes Exemplar ist zweifelsohne die Krippe des Jassir Arafat: Das edle Stück aus Perlmutt übergab der Palästinenserführer im Jahr 1988 als Gastgeschenk an den ehemaligen Frankfurter Oberbürgermeister Peter Arndt, der ihn als Vorsitzender der sozialistischen Fraktion im Europäischen Parlament dorthin eingeladen hatte. Über verschiedene Wege gelangte die rote Samtschatulle mit dem orientalischen, anmutigen Inhalt zur Offenbacher Dekanin Eva Reiß, die es der Stadtkirche als Erinnerungsstück überließ.

Bis mindestens 6. Januar werden in der Stadtkirche verteilt rund 15 Krippen gezeigt, die meist im Privatbesitz der Gemeindemitglieder sind. „Die Ausstellung steht und fällt mit den Ehrenamtlichen“, betont Hinterseher.

In St. Paul lockt eine ungewöhnliche Krippe zahlreiche Besucher an – die große Krippe von Sigrid Männche mit Egli-Figuren nach schweizerischem Patent. Im Jahr 2008 begann sie mit der Arbeit daran, zehn bis 20 Stunden Arbeitszeit stecken in einer Figur. Das Besondere: Sie dürfen – vorsichtig – angefasst werden. Das freut vor allem die Kinder. Und was gibt es schöneres an Weihnachten, als strahlende Kinderaugen?

Von Veronika Schade