Bildungsmesse: Freie Stellen kurz vor dem Beginn des Ausbildungsjahres Chancen für Schulabgänger

„Es sind noch Plätze frei“, wirbt die Dental-Union wenige Wochen vor Beginn des Ausbildungsjahres.

Nieder-Roden – Digital und hybrid – das liegt auf der Höhe der Zeit. Auch die Bildungsmesse an der Heinrich-Böll-Schule konnte man auf zwei Wegen zu besuchen – vor Ort und im Internet. Dennis Durwael von der Innung für Sanitär und Heizungstechnik konnte dieser Form wenig Gutes abgewinnen: „Die Schüler sollen herkommen und etwas in die Hand nehmen“, sagt er. Der persönliche Kontakt sei wichtiger, als vor dem Monitor zu hängen.

Mehrere hundert Jugendliche haben die Präsenz-Variante gewählt und schlendern auf dem Schulhof von Stand zu Stand. Doch ausgerechnet die Vertreter jener Unternehmen, die händeringend Nachwuchs suchen, erhalten nur selten die Gelegenheit, Fragen zu beantworten.

„Das wird eng“, mahnt Durwael im Innungszelt. Eigentlich hätten sich die Schulabgänger längst bewerben müssen. Im August beginne bereits das Ausbildungsjahr, da bleibe nicht viel Zeit, Kontakte herzustellen oder einen Lehrvertrag zu unterschreiben. Mittlerweile sind zwei Jungs eingetroffen, lassen sich von einem Gesellen zeigen, wie ein Rohr passgenau gebogen wird. Kerstin Kummetat von der Fachschule für Pflege und Gesundheit aus Offenbach will sich nicht beklagen. Viele Mädchen und einige Jungs informierten sich über die Ausbildung in Pflegeberufen. Wirkmaschinen-Hersteller Karl Mayer aus Obertshausen sucht neben Industriekaufleuten alljährlich Metalltechniker, Zerspaner und Lagerlogistiker. „Wer sich bewirbt, sollte gute Zensuren mitbringen“, erklärt Bernd Eisert, „wir schauen uns auch die Kopfnoten und die Fehltage an.“ Das Sozialverhalten sage viel über eine erfolgreiche Lehre aus. Oft scheitere eine Ausbildung auch an Sprachproblemen. „Migranten sind oft sehr motiviert, aber sie müssen auch unsere englischen Fachbegriffe beherrschen“, die stehen in einem 800-seitigen Wörterbuch. Über Schwierigkeiten, passendes Personal zu gewinnen, klagen auch Juliane Schneider und Florian Meister von der Glocken-Bäckerei und der Fleischerei Brandenburg, Töchter der Rewe-Kette. Selbst Lkw-Fahrer seien schwer zu finden. Petar Hotz von der Agentur für Arbeit sieht wenig Instrumente, Haupt- und Realschulabsolventen zum Handwerk zu bewegen. Schon Berufsanfänger könnten dort gutes Geld verdienen. „Es gibt rund 10 000 Studiengänge, aber nur 330 Ausbildungsgänge“, bedauert er. Viele Anfragen verbuchen Simone Klehr und Dominik Hermes von der Bundeswehr. Aber: „Wir müssen manchen Teenagern erklären, dass es auch gefährlich werden kann.“

„Wir sind offen, wir schauen uns alles an“, sagen Anna-Lena aus Offenbach und Jessica von der Georg-Büchner-Schule. Die beiden 15-Jährigen haben noch Zeit für die Berufswahl. Anna-Lena hat eine „1“ in Chemie, vielleicht lässt sich da etwas finden.

Von Michael Prochnow