Holocaustgedenktag in Rodgau „Erst die Juden, dann die Katholiken“

erhard Stephan und Helmut Trageser vom Weiskircher Heimat- und Geschichtsverein berichteten mit einem informativen Bildervortrag über das Leben des früheren Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde, Michael Meyer. Foto: Pulwey

Rodgau (pul) – Den Holocaustgedenktag beginn die Stadt dieses Jahr im kleinen Saal des Weiskircher Bürgerhauses. Den lokalen Bezug bildete das Leben von Michael Meyer und dessen Familie, dem letzten Vorsteher der jüdischen Gemeinde Weiskirchen.

Stadtrat Winno Sahm zitierte aus Überlieferungen seiner eigenen Familie zur Person Michael Meyer; er galt als prägnante Persönlichkeit und als ein begeisterter Tänzer. Sahm zitierte Meyer, der den Weg der Unterdrückung durch die Nationalsozialisten voraus sah: „Erst die Juden, dann die Katholiken“. Helmut Trageser und „sein“ Heimat- und Geschichtsverein recherchierten ein Jahr lang, um Informationen zum Leben der Familie Meyer zusammen zu tragen. Dabei half ein direkter Nachfahre namens Stephen Meyer aus Großbritannien. Viele Fotos, Zeitungsartikel und Urkunden lieferten Einblicke in die Zeit ab Mitte des 19. Jahrhunderts.

In Tragesers Bildervortag erschien der heutige Raiffeisenmarkt, der auf dem ehemaligen Grundstück der Familie steht. Dort betrieben die Meyers einen Stoffhandel. Schon Michael Meyers Vater, Carl Meyer I., war Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Weiskirchen. Nach dessen Tod übernahm Michael das Amt. Im Oktober 1938 verkauften Michael Meyer und Emanuel Fuld die Synagoge für 540 Reichsmark an Alois Wolf.

Letzter Vorsteher der jüdischen Gemeinde Weiskirchen

Michael und Mathilde Meyer waren nicht unvermögend, holte Helmut Trageser historische Daten aus den Archiven hervor und zeigte eine Aufstellung der Immobilien. Die Meyers verkauften das Haus in der Hauptstraße 52 und emigrierten nach England. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, wurden sie dort bis Oktober 1940 als feindliche Ausländer inhaftiert. Danach führte sie der Weg nach New York, wo Michael Meyer am 24. Oktober 1949 starb. Im gezeigten Nachruf wird sogar Weiskirchen als früherer Wohnort aufgeführt.

Stadtverordnetenvorsteherin Anette Schweikart-Paul trat als abschließende Rednerin ans Pult: „Das Nachdenken und Erinnern anhand der Lebensläufe der in Weiskirchen lebenden Familien lässt uns Vergangenes nicht vergessen.... der Blick in die Vergangenheit schärft unseren Blick, wenn es um die Probleme der Gegenwart geht“. „Jeder Deutsche“, so Anette Schweikart-Paul weiter, steht in der historischen Pflicht, sich gegen Hetze zu stellen. Der 27. Januar ist der Tag, der zu Aufmerksamkeit mahnt. Matthias Kiel, Freie Musikschule, untermalte die Gedenkstunde musikalisch.