Frauen treffen Frauen vor 35 Jahren in Rodgau gegründet Gleichberechtigung muss im Alltag gelebt werden

Im 100. Jahr seit Bestehen des Frauenwahlrechts feierte der Verein Frauen treffen Frauen seinen 35. Geburtstag. Als Redner blickten Gisela Schmalenbach, Sybille Stallmann-Beseler und Winno Sahm auf die Anfänge und die gesellschaftliche Entwicklung zurück. Foto: Pulwey

Rodgau (pul) – Beim Neujahrsempfang des Vereins Frauen treffen Frauen gab es dieses Jahr reichlich Grund zum Feiern. Vor 35 Jahren suchten Initiatoren wie Sybille Stallmann-Beseler und Gisela Schmalenbach als Neu-Rodgauerinnen menschlichen Kontakt, und gründeten den Klub. „Wir sind stolz, das Konzept des Vereins Frauen treffen Frauen hat sich über viele Jahre getragen“, begann Sybille Stallmann-Beseler ihre Eröffnungsrede. Es ging in den Gründerjahren um Freiraum für den in erster Linie neu nach Rodgau gezogenen weiblichen Teil der Bevölkerung.

Die Damen waren ihren Männern gefolgt nach deren beruflich bedingten Umzügen. Zwischen Haushalt, Ehe und Kindern galt es sich mit Anderen auszutauschen. Die eigenen beruflichen Ambitionen mussten oft auf Eis gelegt werden. Das „Frauenzimmer“ in Hainhausen bot zunächst Raum für Gespräche, es war zunächst die Keimzelle der neuen Verbindung. Offene Türen prägten als wichtiges Symbol die Gemeinschaft, es ging seit Beginn um die Interessen der Frauen, Begegnung und Austausch, Lernen und Ausprobieren, „das hat bewegt und tut es immer noch“, so Sybille Stallmann-Beseler. „Mein halbes Leben begleitet mich der Frauentreff, es ist immer neu und überraschend und anregend“.

Neubürgerinnen suchten Anschluss

Auch Gisela Schmalenbach erinnerte sich an die Anfänge. Als Neubürgerin in die Stadt gekommen waren zwar Sportvereine vorhanden aber die Integration klappte nicht wirklich. „Man kam sich wie ein Fremdkörper vor“. Ein Frauentreff war eine Lücke, diese galt es zu schließen. „Heute trifft man sich in der Kneipe, damals undenkbar“. Für die auf dem Herzen liegenden Themen traf man sich bald im evangelischen Gemeindezentrum Jügesheim in der Berliner Straße. Dort wuchs der Wunsch, einen Verein zu gründen. Nach der Ausarbeitung der Satzung ging es auf die Suche nach neuen Räumen für die Begegnungen. Sybille Stallmann-Beseler: „Es war nicht leicht diese zu finden, wir waren Teilen der Bevölkerung suspekt, wir konnten als junger Verein nicht zugeordnet werden“.

Auch Winno Sahm gratulierte als Vertreter der Stadt. Persönlich ist er dem „Geburtstagskind“ verbunden als Mitglied, er blickte auf die gesellschaftliche Entwicklung von Ende der 1950-er Jahre über Veränderungen in den 60-ern, die damals durchaus angestoßen wurden auch aus musikalischen Revolutionen heraus. „Gleichberechtigung muss im Alltag gelebt werden, davon sind wir noch weit entfernt“, appellierte Sahm. Als Kulturdezernent überreichte er eine finanzielle Zuwendung der Stadt an den Verein.

Mandolinenorchester umrahmt Feier

Sybille Stallmann-Beselers Blick in die Zukunft offenbarte noch viele gesellschaftliche Baustellen: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist weiter eine große Herausforderung, es fehlen Kinderbetreuungsplätze und richtige Ganztagsschulen. „Alle jungen Frauen müssten eigentlich ohne längere Unterbrechungen weiter arbeiten, wenn sie an das Thema Altersarmut denken und vielleicht damit rechnen, dass die Ehe nicht ein Leben lang hält“. Die Feierlichkeiten untermalte das Duo vom Mandolinenorchester Edelweiß.