„Es war die Hölle los“ Großer Zuspruch zur Weiskircher Kerb

Bei der Kerb durfte es für Jules und Ziva eine große Portion Zuckerwatte sein. Foto: Pulwey

Rodgau (pul) – Es war so schön - und so schnell war es vorbei. Die Weiskircher Kerb 2016 ist Geschichte. Fünf Tage feierte der nördlichste Stadtteil die Kirchweih mit viel Spaß, gutem Essen und viel Leidenschaft. Am Freitag eröffneten Kerbvadder Hermann Jäger, der Musikverein um Herbert Massoth sowie die Feuerwehr-Nord die Feierlichkeiten auf der Hauptstraße.

Strohpuppe und Kerbborsch namens Kurt gehörte die erste Runde auf dem Kinderkarussell. Dann trugen die Weiskircher den Kurt durch die Schillerstraße und die Kolpingstraße hin zum Feuerwehrhaus. Dort warteten schon durstige Kehlen auf die Musik und die Ansprache durch den Kerbvadder. Hunderte Gäste besetzten alle Sitzgarnituren, von denen beim besten Willen nicht noch mehr aufgestellt werden konnten. Schließlich musste auf der Straße noch Platz bleiben für das traditionelle Schubkarrenrennen, das seit Anfang des Jahrtausend zum Repertoire der Kerb gehört. Bei dem flotten Schauspiel zahlte sich sportliche Geschicklichkeit aus. Matthias Hopf umkurvte die sechs Pylonen am schnellsten und kam nach 9,53 Sekunden ins Ziel. Die Plätze unter den zehn Teilnehmern belegten Patrik Stefanidis (9,94) und Martin Glaser (9,97).

Apropos Tradition: Vor Jahrzehnten war das Hotel „Darmstädter Hof“ der Mittelpunkt der Kerbfeierlichkeiten. Der Kerbborsch aus Stroh wurde dort in der Schillerstraße ein Raub der Flammen. Und es gab reichlich Freibier, wie sich Willi Winter vom Heimat- und Geschichtsverein erinnerte.

Hermann Jäger hat seit etwa 30 Jahren den Zylinder des Kerbvadders auf dem Kopf. Er füllt die Rolle des „Motivators der Massen“ bereits seit jener Zeit, als die Kirchweih in Weiskirchen einen neuen Anstrich bekam. Das war um 1987, erinnerte sich Hermann Jäger. Damals ließen die Weiskircher den Bürgerhausvorplatz als Festgelände hinter sich und zogen ins Altort rund um das Alte Spritzenhaus. „Die Kerb wurde neu belebt“, blickte der Kerbvadder auf die damaligen Neuerungen zurück. „Es wurde wieder richtig gefeiert“. Seine erste Rede als Kerbvadder hielt er vor dem Alten Spritzenhaus.

In den 1990-ern gehörte ein unbebautes Grundstück westlich der Kirche zu den zentralen Orten der Feierlichkeiten. Auch ergriffen damals die Vereine das Wort und schmückten die Kirchweih mit ihren Aktivitäten. Seit 2002 eröffnet die Feuerwehr-Nord den fünftägigen Reigen. Kurz nach dieser Zeit riefen die Feuerwehrleute das Schubkarrenrennen ins Leben.

Bei der Eröffnung vergangenen Freitagabend griff erneut Hermann Jäger zum Mikrofon. Bei seiner Rede kam der inzwischen legendäre Ausruf „wem is‘ die Kerb? Unser“ reichlich zum Einsatz. Willi Schäffer und Wolfgang Gehrmann von der Gemeinschaft der Ortsvereine zogen nach der Hälfte der fünftägigen Veranstaltung ein sehr positives Resümee. „Es war die Hölle los“, fasste Willi Schäffer den Publikumszuspruch am Freitag und am Samstag zusammen.

Wolfgang Gehrmann lobte die Einsatzbereitschaft der teilnehmenden Klubs: Es ist für die Vereine ein viel größerer Aufwand Speisen wie Grüne Soße und Bratkartoffeln zuzubereiten, als Würste auf den Rost zu legen.

Zum guten Ton der Kerb gehört schon lange der Flammentod des Kerbborschen. Nach seiner freitäglichen Runde auf dem Kinderkarussell nahm die Strohpuppe Platz auf dem Vordach des Feuerwehrhauses. Dort ließ es sich Kurt gut gehen, bis er am Dienstag zum schaurig-schönen Protagonisten wurde. Die Männer vom Heimat- und Geschichtsverein, Willi Winter und Wilhelm Fecher, schufen Kurt drei Tage vor Kerberöffnung. Reichlich viel Stroh füllte den Corpus, dazu feiner Zwirn, ein Anzug, schwarze Halbschuhe und eine Krawatte. Fast schon schade, dass alles ein Raub der Flammen wurde. Für nächstes Jahr ist erneut eine Kerbpuppe geplant. Dafür sind Kleiderspenden gefragt.

Wie viel Hingabe und Leidenschaft für die Kerb entwickelt werden kann, verdeutlichte Florianjünger Julian Döring. Am Morgen der Eröffnung standesamtlich getraut, stand er abends am Feuerwehrhaus und schenkte Getränke aus. Seine Braut Melanie Behringer-Döring nahm‘ s gelassen: „Mein Mann ist mit Leib und Seele dabei“. Bei so viel Hingabe steht einer leidenschaftlichen Kerb 2017 nichts im Weg.