Vortrag beleuchtet Seelsorge- und Palliativbetreuungsangebot im Hospiz Hilfe beim Entwirren der Gefühle

Als Pfarrerin und Seelsorgerin im Jügesheimer Hospiz aktiv: Annette Röder. Bild: ermel

Jügesheim – „Ich gehe nicht weg, hab meine Frist verlängert. Neue Zeitreisen, offene Welt. Habe dich sicher in meinem Herzen, ich trag dich bei mir, bis der Vorhang fällt.“ Mit diesen Zeilen versuchte der Sänger und Komponist Herbert Grönemeyer 1998 den Tod seiner Frau nach langer Krebserkrankung zu verarbeiten. Trauer, Verzweiflung und Abschied musikalisch zu bewältigen, ist aber naturgemäß nicht jedem möglich. Viele Angehörige stehen der Mammutaufgabe Trauer unvorbereitet und hilflos gegenüber. Naheliegend ist dann, sich professionelle Unterstützung zu suchen. Wege, zur Bewältigung zu finden. Ohnmacht mitzutragen. Rituale fortzuführen. Gefühle zu entwirren. Geschlossenes zu öffnen. Abschied zu ermöglichen. Starre zu vermeiden. Nicht zuletzt diese Aufgaben übernimmt im Jügesheimer Hospiz am Wasserturm Pfarrerin und Seelsorgerin Annette Röder. Zu der regelmäßigen Infoveranstaltung „Mittwochs im Hospiz“ hatte Leiterin Claudia Bauer-Herzog geladen. Sie bietet Information und Austausch über die vielfältigen Angebote der spirituell basierten Sterbebegleitung in der Rodgauer Einrichtung an. Mit dem Grönemeyer-Lied wurden die etwa 30 Besucher des Abends leise und stimmungsvoll von der Pfarrerin sowie der Hospizleitung empfangen. Einige Gäste kamen mit beruflichem Bezug, andere suchten Ideen, wie sie ganz persönlich mit Situationen im letzten Lebensabschnitt ihrer Angehöriger umgehen können, wieder andere nannten einfach nur grundsätzliches Interesse als Grund für ihr Kommen.

Wie schwierig es für Betroffene und Angehörige sein könne, Wege zur Bewältigung der wohl schwersten Lebensphase zu ergründen, musste die evangelische Pfarrerin den Anwesenden kaum genauer erläutern. Vielmehr berichtete sie bildhaft und im Dialog mit den Gästen davon, wie wichtig es sei, die Individualität des Betroffenen zu erkennen und auf die ganz persönlichen Anforderungen eingehen zu können. Zudem sind Spiritualität und Glaube in individuell anpassbarer Ausprägung wichtiger Bestandteil der Palliativbetreuung im Rodgauer Hospiz. Auch wenn Christliches im heutigen Alltag oft nicht mehr die große Bedeutung habe, so würden viele Menschen vor ihrem Abschied wieder Wert auf Gebete, geistliche Ansprachen, Segen, Lieder, Psalme und die Gewissheit Wert legen, mit reinem Gewissen vor Gott treten zu können, erläuterte Röder. Wichtig sei gerade in diesem Abschnitt daher das Vermitteln schöner Momente, die den Betroffenen und Angehörigen verdeutlichen, dass auch das Leben in diesem meist eher kurzen Zeitraum noch einen Sinn habe. Und so war die Stimmung des Abends positiv. Es wurde gelacht und allerlei schöne Geschichten aus dem Arbeitsalltag der Seelsorgerin regten zum Nachdenken an. Am Ende nahmen die Besucher neben der Gewissheit, im Hospiz am Wasserturm eine bestmöglich auf die Bewohner zugeschnittene Palliativbetreuung mit christlicher Prägung angeboten zu bekommen, noch Melodie und passende Worte Grönemeyers mit auf den Heimweg: „Es war ein Stück vom Himmel, dass es dich gibt.“

Von Christoph Ermel