Wie Bürokratie den Umweltschutz für Betriebe erschwert Klimaschutz mit Hindernissen

Die neue Industriehalle von Harema bietet nicht nur 1 000 zusätzliche Palettenstellplätze. Obendrein produziert die Photovoltaikanlage auf dem Dach 75 Prozent des Strombedarfs der Firmenzentrale. Foto: pelka

Jügesheim – Das heute unter Beteiligung der dritten Generation geführte Familienunternehmen Harema wollte auf dem Kurs zu mehr Nachhaltigkeit und zum CO2-neutralen Betrieb etwas für den Klimaschutz tun. Doch das erwies sich als schwerer als vermutet.

Stefan Hammel, Chef des auf effiziente Systeme und saubere Lösungen in der professionellen Gebäudereinigung spezialisierten Betriebs, entschied sich nach Auslotung verschiedener Möglichkeiten für eine Photovoltaikanlage mit einer Jahresleistung von 100 000 Kilowattstunden Strom auf der gerade neu errichteten Industriehalle für 1000 zusätzliche Palettenstellplätze an der Maria-Goeppert-Mayer-Straße 2.

Die Anlage produziert immerhin 75 Prozent des Strombedarfs der Firmenzentrale in Rodgau. Doch bis Hammel das Thema durchgeboxt hatte, vergingen knapp zwei Jahre mit Expertenrunden, Gutachterterminen, Treffen mit der Bank, mit dem Warten auf Sachverständigenexpertisen, mit Anträgen und anderem bürokratischen Aufwand. Zum Beispiel war ein sogenanntes TGA-Gutachten (Technische Gebäude-Ausstattung) für 9 700 Euro erforderlich. Das hätte Stefan Hammel ja noch klaglos hingenommen. Die größte Enttäuschung war für ihn beim Unternehmen Photovoltaik aber, dass es entgegen seiner Erwartungen keinerlei Zuschüsse vom Land Hessen gab.

Der Jügesheimer Untermehmer sieht hier Maßstäbe verschoben: Während die Politik die Akzeptanz von Lastenfahrrädern mit einer Milliarde Euro bezuschussen möchte, fallen Firmen hinten runter, die sich eine Photovoltaikanlage aufs Dach setzen. „Wenn ich ein Elektroauto kaufe, das Strom verbraucht, gibt mir der Staat bis zu 6000 Euro dazu. Wenn ich aber eine Photovoltaikanlage für 150 000 Euro baue, die Strom produziert, bekomme ich keinen Cent“, findet der Geschäftsmann ein weiteres Beispiel dafür, dass da in Sachen Fördervoraussetzungen aus seiner Sicht etwas im Lande nicht stimmt.

Hinderlich für den Klimaschutz findet der Firmenchef ein weiteres Ärgernis: Eigentlich wollte Hammel die Anlage viel größer bauen. Doch ein Gutachter führte ihm die unangenehmen Folgen vor Augen: „Wer als Unternehmer über 100 000 Kilowattstunden Jahresleistung hinausgeht, der braucht für die Anlage die Zustimmung des örtlichen Stromversorgers und muss den produzierten Strom, den er überschüssig hat, dann auch noch selbst vermarkten“, erläutert der Harema-Boss. Diese Zusatzarbeiten wollte sich der 62-Jährige nicht aufdrücken lassen – und baute eben kleiner. Hammel: „Wir haben’s schließlich doch gemacht, weil ich weiß, dass wir etwas tun müssen für unser Langfrist-Ziel – den CO2-neutralen Betrieb.“

VON BERNHARD PELKA