Züchter sorgern sich um artgerechte Tierhaltung Rodgau: Fürs Geflügel ist Stallpflicht Stress

Obwohl kein Tier erkrankt ist, muss der Rassegeflügelzuchtverein Nieder-Roden mit seinem Vorsitzenden Klaus Wagner die auferlegten Schutzmaßnahmen ergreifen. Foto: Pulwey

Rodgau (pul) – Im Herbst gab es eine neue Schreckensnachricht für alle Freunde der Geflügelzucht. Der Virus H5N8 hält die Züchterwelt in Atem. Schon 2005 sorgte der ähnlich geartete Krankheitserreger H5N1 für eine durch die öffentliche Hand verordnete Stallpflicht. Nun ist bei Wildvögeln eine Variante des Krankheitserregers aufgetaucht - H5N8.

In einem Brief an alle Geflügelhalter schreibt das Land Hessen vor, die Tiere nicht in den Grünauslauf zu lassen. Desinfektionsmittel sind beim Betreten und Verlassen der Ställe zu nutzen. Schutzkleidung und Schuhwerk sind anzulegen, vor Ort zu reinigen und zu desinfizieren. Geflügel darf nur an für Wildvögel unzugänglichen Stellen gefüttert werden. Alle Geflügelhalter müssen die Anzahl der verendeten Tiere aufzeichnen. Außerdem müssen alle Halter mit zehn oder mehr Tieren, die Zahl der gelegten Eier festzuhalten.

Tiere leiden im ohne Luft und Tageslicht

Die Schutzmaßnahmen muss auch der Rassegeflügelzuchtverein am Nieder-Röder Eicheleck einhalten. Klaus Wagner ist seit 1977 Geflügelzüchter und steht dem Verein seit 16 Jahren vor. Mit seinen Vereinskameraden zusammen hat er die Schutzmaßnahmen umgesetzt - obwohl keins der Tiere in Nieder-Roden Krankheitssymptome zeigt. Und die Anzahl der verendeten Tiere bei den Nieder-Rödern beträgt ebenfalls null. Um den Zutritt für betriebsfremde Personen zu unterbinden, ist das Tor verschlossen und ein Absperrband markiert den versperrten Zugang zu den Stallungen.

„Wir akzeptieren diese Stallpflicht“, so Wagner, „schade ist, dass ganz Hessen aufstallen muss, was nicht unbedingt nötig wäre“. Die Fundorte des Virus kamen bisher in so genannten Risikogebieten vor. Dazu zählen die Durchzugsgebiete von Wildvögeln sowie die Wasserläufe von Main und Rhein und die Wetterau als Rastplatz. „Grundsätzlich basiert diese Aufstallung auf eine Empfehlung des Friedrich-Löffler-Instituts“. Wagner betont das Wort „Empfehlung“. Das Institut befasst sich mit der Gesundheit und dem Wohlbefinden landwirtschaftlicher Nutztiere. Klaus Wagner weist in diesem Zusammenhang Privatleute auf die Meldepflicht für Hühner, Truthühner, Enten, Gänse, Tauben und weitere Tierarten hin, die grundsätzlich besteht. Das Veterinäramt nimmt die Meldungen entgegen.

Zu viel Nähe zu Artgenossen schadet

Dass die Stallpflicht Stress für die Tiere bedeutet ist bekannt. „Für Geflügel mit Auslaufhaltung ist die Aufstallung ein gravierender Eingriff in den Tagesablauf“, schreibt das Land in dem Brief an die Züchter. „Verhaltensstörungen wie das Bepicken der Artgenossen, können .... in solchen Stresssituationen wieder auftreten“. Klaus Wagner hat ähnliche Erfahrungen gemacht: Es kann bei der Einstallung zur Mauser kommen, nach einer Woche setzt die Schockmauser ein. Es ist eine Stressreaktion. Auch die Eierproduktion lässt nach. „Setzen sie sich ein halbes Jahr zu zehnt in ihr Wohnzimmer, dann schauen wir wie es ihnen geht“, so Wagner zu dieser Ausnahmesituation.

Der Stress für die Tiere ist groß. Deshalb gibt es einige Lockerungen der Stallpflicht. Auch wenn der Auslauf auf Grünflächen verboten ist, dürfen die Tiere laut Landwirtschaftsministerium unter einem überdachten Areal oder Wintergarten Auslauf genießen, wenn kein Kot von Wildvögeln hineinfallen kann. Doch nicht jeder Züchter hat die Möglichkeiten, eine Überdachung am Stall einzurichten. So beißt sich die Einstallpflicht mit der artgerechten Tierhaltung. Um das Tierschutzgesetz zu befolgen, darf nur eine bestimmte Anzahl Tiere auf begrenztem Raum gehalten werden. Notschlachtungen sind die Folge. Gegen den Stress soll „Beschäftigungsmaterial“ wie Möhren, Kartoffeln, Kürbis und Rüben helfen.

Übertragung durch Futter aus Ostasien?

Experten meinen, dass Zugvögel das Virus hertrugen. Aber eindeutige Einschleppungswege konnten nicht bestimmt werden. Dass der Virus aus Ostasien kommt ist dagegen unstrittig. Erstmals tauchte es 2004 in Südkorea auf. Zwischen Deutschland und Staaten wie China, Japan und Südkorea bestehen Handelsbeziehungen, die auch den Transport von Geflügel beinhalten. Aus diesen Ländern kommt beispielsweise Futtermittel nach Westeuropa. Darin könnte sich der Virus vorgearbeitet haben, denn dass kleingehäckselte Tierkadaver im Futtermittel beinhaltet sind, kann nicht ausgeschlossen werden. Die Aufstellpflicht endet am 20. Mai 2017 - wenn sie nicht verlängert wird.

Kommentare

Stallpflicht

Diese Stallpflicht ist allerunterste Schublade. Es wird gar nicht an das wohl der Tiere gedacht. Und von Artgerechter Haltung ist sowieso nicht die Rede.. Für die Politiker ist es einfach sowas anzuordnen, Aber wie wir Züchter und Halter damit umgehen sollen das interessiert die nicht. Eine Frechheit !