Alters-Trauma-Zentrum bietet effektive Hilfe Ältere Menschen im Fokus

Professor Ingo Marzi (von links), Dr. Christoph Brier, Cornelia Färber und Dr. Matthias Bach. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – Ein Drittel der über 65-Jährigen stürzt durchschnittlich einmal pro Jahr. Die Folge sind oft Schenkelhals-, Wirbelkörper-, Becken- und Armfrakturen. Um den Anforderungen bei der Behandlung älterer Menschen besser gerecht zu werden, gründeten das Universitätsklinikum Frankfurt und das St. Elisabethen-Krankenhaus in diesem Jahr ein Alters-Trauma-Zentrum (ATZ). Es wurde im April zertifiziert.

„Seit 1972 ist die Geburtenrate in Deutschland rückläufig, die durchschnittliche Lebenserwartung steigt dagegen. Im höheren Alter stürzen die Menschen häufiger“, stellte Cornelia Färber, St. Elisabethen-Krankenhaus, fest. Nach dem ATZ der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Kooperation mit dem Diakonissenkrankenhaus wurde nun das zweite Zentrum in Frankfurt eingerichtet, das den Fokus auf Ältere richtet.

Professor Ingo Marzi, Direktor der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Universitätsklinikum, erläuterte die Bedeutung des ATZ: „Viele Nebenerkrankungen erschweren im Alter die Operationen. Operiert werden alle, nur die geriatrische Versorgung ist nicht überall gewährleistet.“ Diese Lücke schließen die derzeit 59 Alters-Trauma-Zentren in Deutschland. Die ersten wurden 2012 eingerichtet. „Nicht die Operationstechnik, sondern Umfeld und Begleitumstände müssen angepasst werden.“ Ziel sei nach einer möglichst schonenden OP, wieder eine Vollbelastung zu erreichen – trotz herabgesetzter Knochenqualität im Alter. Ein ATZ-Register erleichtert die Koordinierung von Behandlungen wie beispielsweise Osteoporose-Therapien. „Wir wollen jeden Menschen wieder so weit bringen, wie er vor dem Sturz und der OP war“, bemerkte Marzi.

„Notwendig sind Alters-Trauma-Zentren besonders da – wie in Hessen –, wo es keine geriatrischen Rehabilitationseinrichtungen gibt“, fügte Dr. Matthias Bach, Chefarzt der Geriatrischen Klinik am St. Elisabethen-Krankenhaus, hinzu.

„Vorher war es so, dass ältere Patienten zunächst operiert wurden und nach fünf bis zehn Tagen eine geriatrische Betreuung erfolgte. Jetzt wird die Geriatrie schon bei der Aufnahme involviert. Auch die Medikation wird kontrolliert, häufig nehmen Ältere zahlreiche Medikamente ein, nicht immer sind alle sinnvoll“, ergänzte Dr. Christoph Brier, Oberarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am St. Elisabethen-Krankenhaus. Die Verzahnung von OP und Geriatrie spare Zeit, Verfahren müssen nicht neu aufgerollt werden.

Bach erinnerte an das Bild „Der Jungbrunnen“ von Lucas Cranach dem Älteren und meinte: „Die Geriatrie ist solch ein Jungbrunnen. Zwei Drittel der Patienten können bei Aufnahme nicht allein von einem Stuhl aufstehen. Wenn sie die Klinik verlassen, können das zwei Drittel der Entlassenen wieder.“ Die Geriatrische Klinik am St. Elisabethen-Krankenhaus, eine von vier geriatrischen Einrichtungen in Frankfurt, wird künftig von 45 auf 54 Betten erweitert, 2016 wurden 635 Fälle behandelt.

Ob ein Fall für das ATZ vorliegt, wird rasch entschieden: Von der Notambulanz geht eine Information an das ATZ, wenn es sich um einen Menschen über 70 Jahre und mit voraussehbaren Komplikationen handelt.

„An der Uniklinik gibt es noch keinen Lehrstuhl für Geriatrie, deshalb ist die Zusammenarbeit mit dem St. Elisabethen-Krankenhaus sinnvoll“, unterstrich Dr. Marzi. „Der geriatrische Patient ist wie ein rohes Ei – schon kleinste Veränderungen können dazu führen, dass es knallt“, verdeutlichte Dr. Bach. Die Pflege sei ganz stark gefordert. Deshalb kommen Mitarbeiter der Geriatrie an die Uniklinik, häufige Frakturen werden im St. Elisabethen-Krankenhaus selbst behandelt, in komplizierten Fällen übernimmt die Uniklinik. Zweimal wöchentlich gibt es gemeinsame Visiten. Die Uniklinik arbeitet mit elektronischen Krankenakten, eine Erleichterung der Behandlung.

Cornelia Färber verwies abschließend noch auf die Bedeutung der Therapie: „Gerade die Ergotherapeuten haben einen großen Anteil an der Wiederherstellung der Mobilität bei alten Menschen.“

Vorbeugen ist allerdings immer besser als heilen: Bewegung und gesunde Ernährung sind wichtig. In jedem Alter.