Nachtschwarz, taghell – Ängste und Ausgelassenheit Ausstellung „Die Nacht. Alles außer Schlaf“ im MfK

Kurator Florian Schütz erklärt neben der ägyptischen Göttin Nut die Wirkungsweise der Kinderstrecke. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – Nut, die Himmelsgöttin der Ägypter, verschluckt die Sonne und gebiert sie am nächsten Tag wieder. Damit beginnt die Ausstellung zum Thema Nacht im Museum für Kommunikation.

Nut also ist zu sehen auf einem stilisierten Papyrus, davor liegen Fragmente babylonischer Kultsteine in der Vitrine. Daneben, auf halber Höhe, winkt ein kleines weißes Gespenst und stellt eine Frage. Kinder können diese Frage leicht beantworten, wenn sie mit der angehängten Lichtkelle die Dunkelheit des Kastens unterbrechen. Neun solcher Kästen gibt es, eine Kinderstrecke, die „begeistert“. Etwa 350 Objekte sind in vier Stationen zu sehen. „Sternenklar“ ist die erste überschrieben. Es geht um Sterne, von den Babyloniern sind erste Himmelsbeobachtungen überliefert. Globen und Sternenkarten sind zu sehen. Ein begehbares Bestiarium des Mailänder Künstlerduos Carnovsky zeigt in blauem Licht Albtraumfiguren, in grünem verschiedene Kreaturen und in rotem die Hölle.

Gruselig ist eine Requisite aus dem Film Nachtmahr, der Vampir in der Vitrine dagegen sieht kaum furchterregend aus. Ein Vampirjägerkoffer aus dem Jahr 1880 offenbart ein ganzes Spektrum geeigneter „Waffen“ gegen die Blutsauger: Silberkugeln, Knoblauch, Rosenkranz, Kreuze, einen Pflog, verschiedene Fläschchen mit merkwürdigen Substanzen und Hirse. Dann also wäre man gut gerüstet. „Noch in den letzten zehn bis 15 Jahren hatte der Vampirkult in Osteuropa Konjunktur“, erläuterte Kurator Florian Schütz. Schon immer wollten Menschen die „stille Nacht“, so das zweite Kapitel, durchbrechen – Lichterfeste der unterschiedlichen Religionen zeugen davon. 

Anhänger der Gothic-Kultur haben sich Schwarz verschrieben

Während Maler der Romantik den Mond über See und Wald leuchten lassen, haben sich Anhänger der Gothic-Kultur ganz und gar der Farbe Schwarz verschrieben. Jeder kennt außerdem das nächtliche Gedankenkarussell, das einen nicht schlafen lässt. Wer sich Stunden von einer Seite auf die andere wälzt, kann auch gleich aufstehen: „Pausenlos. Die Nacht als Arbeitszeit“ heißt das dritte Kapitel. In unserer Always-On-Welt wird die Nacht zum Tag gemacht – auf Baustellen und Straßen, in Verkehrsmitteln, Kliniken, Redaktionen, Logistikzentren. Die Erfindung der künstlichen Beleuchtung im 19. Jahrhundert hat das ermöglicht. 

Thomas A. Edison, Erfinder der modernen Glühlampe, hielt Schlaf für vergeudete Arbeitszeit. Fakt ist allerdings: Zu wenig Schlaf beeinträchtigt die Gesundheit. Wir jedenfalls schlafen schon einmal zwei Stunden weniger als Menschen, die vor 100 Jahren lebten. Im „Buch der Nächte“, erschienen zur Ausstellung, heißt es in einer anonymen Aussage: „Im Bett neben mir liegt die Fernbedienung, der Laptop, das Ladekabel, mein Handy, eine halbe Tafel Schokolade und eine Packung Chips. Ich wüsste gar nicht, wohin mit einem Partner.“ Bedenklich. Oder?Wer menschliche Nähe sucht, findet nachts bessere Gelegenheiten als am Tag: in Clubs, Bordelle, auf der Straße. Darum dreht sich der vierte Ausstellungsbereich. Es geht ums Feiern, Tanzen, Kennenlernen, um Kommunikation und um Sexualität. Gab es früher eine zarte Fächersprache in den Salons, bietet in der jüngeren Gegenwart ein eindeutig bebilderter Berlin-Stadtplan für Männer die gewünschte Ortskunde.

Lebensumstände Obdachloser 

Auch Obdachlose gehören zum nächtlichen Straßenbild. In einer der interaktiven Stationen „Frag ein Klischee“ können sich Besucher mit den Lebensumständen Obdachloser auseinandersetzen. Plötzlich bevölkern „Glühwürmchen“ die Ausstellung. „Am letzten Mai-Wochenende werden diese Glühwürmchen durch die Exposition führen“, informierte Florian Schütz. Es gibt ein umfangreiches Begleitprogramm zur Schau, die bis zum 26. August im Haus am Schaumainkai 53 gezeigt wird. Mehr dazu ist unter www.mfk-frankfurt.de zu finden.