„Lotte Laserstein. Von Angesicht zu Angesicht“ Ausstellung im Städel mit Bildern zur Weimarer Republik

Die Kuratoren Elena Schroll und Alexander Eiling sowie Direktor Philipp Demandt. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – Als Philipp Demandt vor zwei Jahren das Städel Museum übernahm, versprach er, auch weniger bekannte Künstler ins Haus zu holen. Die Herbst-Expositionen 2018 wurden von Demandt konzipiert und rücken zunächst mit der Ausstellung „Lotte Laserstein. Von Angesicht zu Angesicht“ eine beinahe aus dem öffentlichen Gedächtnis verschwundene Malerin in den Fokus. „Ohne Lotte Laserstein wäre ich gar nicht hier“, sagte der Städel Direktor und erzählte.

 2003 habe es im Verborgenen Museum in Berlin, das damals zu Gast im Museum Ephraim-Palais war, eine Laserstein-Retrospektive gegeben. „Die Ausstellung hatte zwar im schönen Palais Platz gefunden, aber das Gebäude lag nahe der lautesten und schmutzigsten Straße Berlins. Der Name Lotte Laserstein klang wie eine angesagte Kneipe. Ich entdeckte eine neue Welt.“ Laserstein (1898 bis 1993) malte „mit großer Poesie und Zärtlichkeit“, urteilte Demandt. Sie stellte mit weiblichem Blick die „Neue Frau“ der späten 1920er Jahre in den Vordergrund ihrer Werke.

Laserstein gehörte zu den ersten weiblichen Absolventen der Berliner Kunst-Akademie; sie schloss ihr sechsjähriges Studium 1927 mit Auszeichnung ab, nahm an Wettbewerben und Ausstellungen teil und machte sich schnell einen Namen. Ihre Arbeiten sind jedoch nicht der unterkühlten Neuen Sachlichkeit zuzuordnen, sondern orientieren sich eher am akademischen Realismus, den ihr Lehrer Erich Wolfsfeld vertrat. „Ich möchte einmal so malen wie Wilhelm Leibl“, wünschte sich die junge Künstlerin. Der heutige Besucher kann selbst Vergleiche ziehen, von Leibl besitzt das Städel Museum „Älterer Bauer und junges Mädchen (Das ungleiche Paar)“.

Preise für Gemälde gehen durch die Decke

Demandts Beziehung zu Lotte Laserstein setzt sich 2010 fort. Da wurde bei Sotheby’s das Gemälde „Abend über Potsdam“, das jahrelang bei der Künstlerin im Haus gehangen und das sie erst kurz vor ihrem Tod verkauft hatte, versteigert. „Dieses Werk mussten die Berliner Nationalgalerie und die Kulturstiftung der Länder, die ich damals beriet, erwerben. Das 1930 gemalte großformatige Bild gilt als zentrales Werk der Künstlerin und als Vorankündigung der Zeit nach 1933“, sagte Demandt, der noch acht Jahre später mit Verve von der Auktion berichtete.

Der Kauf glückte, aber der Preis war höher als gedacht. „Geld können Sie drucken, Lasersteins nicht“, bemerkte der Städel Direktor verschmitzt lächelnd, „der Erwerb war ein Fanal.“ Die Preise für Laserstein-Gemälde aus der Berliner Zeit gingen anschließend durch die Decke, die Erhitzung kühlte jedoch auch rasch wieder ab. 2014 erwarb das Städel Museum direkt das Ölgemälde „Russisches Mädchen mit Puderdose“, das Lotte Laserstein 1928 für einen Wettbewerb der Kosmetikfirma Elida gemalt hatte, 2016 erwarb das Haus „Junge mit Kasper-Puppe (Wolfgang Karger)“ aus dem Jahr 1933.

Freundin Traute ist Motiv vieler Werke

Auf vielen Bildern ist die Freundin Traute (Gertrud) Rose zu sehen, eine selbstbewusste, sportliche, junge Frau mit kurzen Haaren, die ganz dem Frauentyp der Weimarer Jahre entspricht. Maler und Modell begegnen einander nicht nur auf Augenhöhe, sondern mit viel Respekt und in den Aktbildern ohne jene oft mitschwingende Erotik männlicher Malerkollegen. Der Erfolg Lasersteins in Deutschland hätte sich fortsetzen können, wenn die Nazis nicht an die Macht gekommen wären.

Da die Künstlerin jüdische Großeltern hatte, galt sie als jüdisch, sie musste ihre Malschule aufgeben, durfte nicht mehr ausstellen und nahm eine Exposition in Stockholm zum Anlass, Deutschland 1937 zu verlassen. In Schweden baute sie sich eine Karriere als Gesellschaftsporträtistin auf, schuf über 1000 Arbeiten und konnte davon gut leben. Doch der internationale Kunstbetrieb hatte nach 1945 mit akademischem Realismus nichts mehr am Hut. Statt der figurativen Malerei eroberten abstrakte Formen den Markt. Die Ausstellung zu Lotte Laserstein, in der bis zum 17. März rund 45 Gemälde, Zeichnungen und Fotografien zu sehen sind, hinterfragt auch die Gültigkeit eines Kanons der Kunst.