Mit dem Laser auf Goldspur Ausstellung über die Restaurierung von Skulpturen im Liebieghaus

Blick auf die Restauration des Rimini-Altars. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – Seit Kurzem ist im Liebieghaus eine ganz besondere Kabinettausstellung unter dem Titel „In neuem Glanz" zu sehen. Sie präsentiert unter anderem den restaurierten Schächer des „Meisters von Flémalle" aus dem Städel.  

Es ist nur die Hälfte des rechten Flügels eines dreiteiligen, monumentalen Altarbildes, vor knapp 600 Jahren geschaffen, die erhalten blieb und somit behutsam restauriert werden konnte. Tatsächlich erstrahlt das Bild in neuem Glanz, werden Ornamente, Blätter und Vögel im Goldhintergrund sichtbar, die vorherige Restaurierungen überdeckten, werden tiefere Einblicke möglich in die Malerei des frühen 15. Jahrhunderts.

„Die Eröffnung dieser Kabinettausstellung ist ein großer Tag für Liebieghaus und Städel. Dem Fragment sind 13 ausgewählte Vergleichsstücke aus den Bereichen Skulptur, Tafelmalerei, Zeichnung und Buchkunst zur Seite gestellt. Damit wird die kontextuale Einordnung möglich“, sagte der Direktor von Städel, Liebieghaus und Schirn Philipp Demandt. Unterstützt wurde das Projekt unter anderen vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain. Dessen Geschäftsführer Helmut Müller nannte die Ausstellung „spektakulär“: „Es hat etwas von einem Krimi, man wird in die Geschichte hineingezogen.“

Genter Altar entstand zur gleichen Zeit

Kurator Jochen Sander ging auf historische Zusammenhänge ein: „Alle Welt kennt den Genter Altar der Brüder van Eyck, der zur gleichen Zeit entstand. Er blieb wunderbarerweise erhalten. Unser Fragment hatte weniger Glück. Außerdem sind die Künstler unter der fiktiven Bezeichnung ‚Meister von Flémalle’ – wir gehen von einer Gruppe aus – weitgehend rätselhaft.“ In der Tat muss es sich um herausragende Künstler gehandelt haben, die um 1420/1430 dieses Retabel schufen.

Im Bildersturm wurde das Werk weitgehend zerstört, gelangte als Fragment 1840 unter dem damaligen ins Kunstinstitut am Main. „Unglücklicherweise wurde die Rückseite abgehobelt und so stark beschädigt“, sagte Sander. „Glücklicherweise gibt es jedoch eine umfangreiche Dokumentation über die konservatorischen Maßnahmen im Städel.“ Mit Unterstützung des Art Conservation Projects der Bank of America Merrill Lynch, das 60.000 Euro zusteuerte, konnte die Restaurierung in Angriff genommen werden.

Figuren führen zu Irritationen beim Betrachter

„Die Exposition zeigt auch den Dialog zwischen Skulptur und Malerei“, unterstrich Sander, „die Exponate reflektieren eine religiöse Praxis, die uns weit entrückt ist.“ Einst war das Retabel montags bis samstags geschlossen, nur sonntags wurden die Flügel geöffnet und offenbarten die Kreuzabnahme Christi und auf den Flügeln die Figuren der mit ihm gekreuzigten Verbrecher. Der geschlossene Altar simulierte in Grisaille, einer ausschließlich in Grau, Weiß und Schwarz ausgeführten Malerei, rechts Johannes den Täufer und links vermutlich Christus. Die wie Skulpturen wirkenden Figuren führten beim Betrachter zu Irritationen und könnten ihn in einen so gewollten meditativen Zustand versetzt haben.

„Eine solch umfangreiche Restaurierung braucht einen großen Vorlauf“, ergänzte Stephan Knobloch, Leiter Gemälderestaurierung des Städel Museums. „Mehrere technische Untersuchungen sind notwendig, das ist eine interdisziplinäre Aufgabe.“ Ein Drittel der Zeit – seit Oktober 2014 beschäftigte man sich intensiv mit dem Bild – nahm die Recherche ein. „Wir können viel – aber Chemie können wir nicht“, erklärte Knobloch. Dafür habe man Spezialisten aus Stuttgart, München und Bern hinzugezogen.

Neue Sichtweise auf das Werk

Mit Abnahme der Firniss-Schicht habe sich eine neue Sichtweise auf das Werk ergeben. „Erstmals wurde in Kooperation mit der Technischen Hochschule Köln mit einem Laser der Goldhintergrund freigelegt“, erläuterte Knobloch. Federführend war dabei Annegret Volk. „Heute werden nur noch Materialien genutzt, die das Original nicht beschädigen“, erläuterte sie. Ausführlich ist die Restaurierung im Katalog beschrieben. Der Besucher sollte sich nach Betrachtung der Objekte in der Kabinettausstellung noch eine Treppe weiter nach oben begeben: Durch Glasfenster und -türen gewinnt er Einblicke in die Restaurierung der Figuren des kostbaren Rimini-Altars und Hans Multschers Trinität. Die Ausstellung ist bis zum 18. Februar im Liebieghaus zu sehen.