1679 wurde die Stiftung Waisenhaus gegründet „um dem schändlichen Betteln Einhalt zu gebieten“, wie es damals hieß. Funktioniert hat das allerdings nicht. Die Stiftung kümmerte sich zunächst nicht nur um Waisenkinder, sondern auch um Bettler, Landstreicher, straffällig Gewordene. „Das Grundkapital von 1000 Gulden, das Moritz Altgeld zur Verfügung gestellt hatte, war schnell verbraucht. Die Stiftung benötigte Geld. Die Kinder mussten arbeiten. Um sechs Uhr morgens wurde aufgestanden, am Brunnen im Hof konnten sich die Kinder waschen. Dann gab es Frühstück: Brot, Kümmel, Salz und Bier.“ Bier? Für Kinder? „Ja, es war verdünnt. Und nahrhaft“, erläuterte Hanauska.
Acht Stunden Arbeit, vier Stunden Unterricht, vor allem in Religion. Den Besten wurde auch ein wenig Rechnen beigebracht. Die Kinder durften das Haus nur für eine Runde um das Gebäude verlassen, selbstverständlich stets bewacht. 1731 erhielten die Mädchen und Jungen ein besonderes Geschenk: Sie durften einen Tag auf der Pfingstweide spielen. Das wurde bis ins 19. Jahrhundert so beibehalten. Bereits im 18. Jahrhundert, zur Zeit der Aufklärung, änderte sich die Bestrafung: „Die Kinder wurden nicht mehr mit dem Ochsenziemer, sondern nur noch mit der Rute geschlagen“, berichtete Hanauska.
Bau einer neuen Stadtmauer
Zurück zur Stadtbefestigung. „Ende des zwölften Jahrhunderts wurde die Staufenmauer, deren Reste heute noch sichtbar sind, gebaut“, erklärte Sonnemann. Kaiser Ludwig IV. gestattete 1333 die zweite Stadterweiterung, mit dem Bau einer neuen Stadtmauer wurde begonnen – das zog sich über mehr als 100 Jahre hin. „Man wollte so dem Raubritterwesen aus dem Taunus begegnen“, erläuterte der Archäologe. Das Friedberger Tor, eines von fünf Stadttoren, entstand an der heutigen Stadtteilgrenze zwischen Innenstadt und Nordend. Nach Erfindung der Kanonen reichten die bisherigen Befestigungen nicht mehr aus, Bastionen sollten errichtet werden.
1628, zehn Jahre nach Beginn des 30-jährigen Krieges, wurde der Festungsbaumeister Johann Wilhelm Dilich mit dem Ausbau beauftragt. Doch der Rat zögerte. Und stellte schließlich Johann Adolf von Holzhausen als Baumeister ein – der war zwar erfahren im Bau militärischer Schanzen, jedoch nicht in der Errichtung von Bastionen. „Aber er arbeitete umsonst – dieses Angebot verlockte natürlich“, ergänzte Hanauska. Eine Fehlentscheidung – Holzhausens Mauern fielen auseinander. Erneut rief man Dilich nach Frankfurt; der sollte es mit seinem Sohn richten.
Galerie mit Schießscharten
Billig allerdings sollte es sein, schnell gehen und zudem noch hübsch aussehen. Dilich legte auch die Kasematten an, eine unterirdische Galerie mit Schießscharten und starken Mauern. 1629 stürzten aufgrund allzu sparsamen Bauens erneut große Teile der Befestigungsanlagen ein. Aus Geldmangel wurden die Arbeiten 1631 eingestellt. Aber am 20. November standen die Schweden vor Frankfurt. Die Stadt, die sich kaum je gegen feindliche Heere zur Wehr gesetzt hatte, öffnete die Tore. Die Schweden einigten sich mit dem Rat, und unter dem schwedischen Stadtkommandanten Oberst Vitzthum wurden am Wall wieder gearbeitet. Unter Vitzthum geriet der Bau fast zum Volksfest: Knechte und Mägde beteiligten sich statt ihrer Herrschaft an den Arbeiten, zogen unter Trommelklang hinaus, sangen und tanzten.
„Geliebt haben die Frankfurter ihre Befestigungen nie. Schnell wurden nach dem Beschluss zur Schleifung der Stadtmauern Bäume gepflanzt und Gärten angelegt“, erklärte Sonnemann. Das 1827 erlassene Wallservitut gilt bis heute. Die Kasematten sind in einer Länge von 40 Metern, einer lichten Höhe von vier Metern bei einer Gesamttiefe von 9,50 Metern zu besichtigen. Im Zweiten Weltkrieg dienten sie als Schutzraum, Überreste von Gartenmöbeln zeugen davon. Zu den zwischen April und Oktober sonntags stattfindenden Führungen sollte man sich rechtzeitig anmelden, sie sind schnell ausgebucht. Mehr dazu unter www.archaeologisches-museum.frankfurt.de