Schaufenster des Himmels Ensemble „Altenberger Altar“ ist im Städel Museum zu sehen

Teil des Altenberger Hochaltars. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – Im Zentrum der Ausstellungshalle der Graphischen Sammlung steht das Hochaltarretabel mit Schreinkasten, der zentralen Muttergottesfigur und den Flügelbildern mit Passions- und Mariendarstellungen. Es stammt aus dem ehemaligen Prämonstratenserinnen-Kloster Altenberg an der Lahn.

Die früher mehrfach faltbaren Flügel erlaubten wandelbare Blicke in das Retabel, das nur an hohen Feiertagen vollständig geöffnet war und so zum Schaufenster des Himmels wurde. In den heute leeren Gefachen mit dem geschnitzten Maßwerk rechts und links der Madonna befanden sich geweihte Hostien und Reliquien – drei davon werden in Vitrinen gezeigt.

Was hatten die Menschen, die vor 700 Jahren an besonderen Feiertagen in die Klosterkirche kamen, empfunden, als sie vor dem geöffneten, mit Kerzen inszenierten Hochaltar standen? Es musste wohl wie ein überwältigender Blick in den Himmel mit all seinen Herrlichkeiten, Heiligen und Legenden gewesen sein. Nur wenige dieser frühen Retabel mit neuer Bildgestaltung, wandelbar, auch von außen und auf der Rückseite bemalt, sind erhalten geblieben. Das Altenberger Retabel wurde zur „Leitwährung“ in Europa für die nächsten 250 Jahre.

Zwei Altardecken in der Ausstellung

Die Geschichte des Altenberger Frauenkonvents ist eng mit der ungarischen Königstochter Elisabeth verbunden, die 14-jährig Landgraf Ludwig von Thüringen heiratete. Sie gab ihre jüngste Tochter Gertrud 1229, im Alter von zwei Jahren, ins Kloster nach Altenberg. Gertrud lernte ihren Vater nie kennen – Ludwig von Thüringen starb 18 Tage vor ihrer Geburt auf dem Kreuzzug ins Heilige Land. 1231 starb Elisabeth mit 24 Jahren. Nur vier Jahre später wurde sie heiliggesprochen. „Gertrud, die 21-jährig die Leitung des Klosters übernahm, war somit eine lebende Kontaktreliquie der heiligen Elisabeth“, sagte Kurator Jochen Sander. Gertrud bestimmte die Ausstattung des Klosters entscheidend mit. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurden Kirche und Konvent des Klosters Altenberg neu gebaut. 1320/30 entstand die Madonnenfigur des Altenberger Retabels in einer Kölner Werkstatt, um 1330 wurde das Retabel vermutlich in einer mittelrheinischen Werkstatt geschaffen. Die drei Altardecken wurden im Altenberger Konvent angefertigt. Zwei davon sind in der Ausstellung zu sehen.

„Man muss genau hinschauen, denn die Decken, ursprünglich mit dunklen Konturlinien und Details in dunklen Farben, einige Inschriften mit einem Pinsel aufgetragen, erscheinen heute als Weißstickerei“, erklärte der Kurator.

Besucher erleben den Altar mit Multimedia

Zum besseren Verständnis gibt es an den Wänden Grafiken, die das einstige Aussehen nachbilden. „Der Ausstellung ging ein Wissenschaftskrimi voran“, bemerkte Sander. Experten untersuchten Seiten und Rückwand des Altars mit der Röntgenfluoreszenz-Methode. Damit wurde nachgewiesen, dass unter der barocken Bemalung der Altarrückseite ehemals Heiligenfiguren aufgebracht waren – das Alter der Farbpigmente gibt darüber Aufschluss.

Die 37 Exponate sind erstmals seit der Säkularisation des Klosters zu Beginn des 19. Jahrhunderts wieder in einer Ausstellung zu sehen, sie stammen – wie beispielsweise Teile des Chorscheitelfensters – aus dem Metropolitan Museum of Art in New York und weiteren nationalen und internationalen Kunstinstituten. Eine 3D-Visualisierung komplettiert die Schau: An der Multimediastation können die Besucher von verschiedenen Standorten aus die Inszenierung des Hochaltars im Kirchenraum nacherleben.

Informationen aufs Ohr

Außerdem wurde eine Audiostation über der Vitrine mit der Handschrift „Antiquitates Monasterii Aldenburgensis/Altertümer des Klosters Altenberg“ installiert. Wenn sich der Besucher unter diese Station stellt, hört er Information über Vorschriften klösterlichen Lebens und genaue Anweisungen, wie die Kirche an welchen Feiertagen ausgestaltet werden soll.

Die Ausstellung ist noch bis zum 25. September im Sachsenhäuser Städel Museum am Schaumainkai 63 zu sehen.