Ausstellung „Rhein-Main. Die Region leben“ im Deutschen Architektur Museum Erlebnis statt Besitz

Kai Vöckler zum Thema Verkehr und notwendigen Veränderungen. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – In der ersten Etage des Deutschen Architekturmuseums (DAM) wurde gewerkelt, schließlich waren es noch drei Tage bis zur Eröffnung der Ausstellung. Im Zentrum steht eine große weiße Reliefkarte der Region mit dem Flughafen in der Mitte, ein paar Tage später werden bunte Plexiglasscheiben Bevölkerungsdichte und Verkehrswege anzeigen.

„Die Monopolregion mit 5,6 Millionen Einwohnern boomt, der Druck auf die politisch Verantwortlichen steigt. Die Lebensqualität steht nicht mehr im Verhältnis zum Aufwand, den man dafür betreiben muss. Während die Städte aus den Nähten platzen, leert sich der ländliche Raum“, verdeutlichte Andrea Jürges, stellvertretende Direktorin des DAM, die Ausgangslage der Region zwischen Vogelsberg und Odenwald, Mainz und Aschaffenburg.

Ziel der Ausstellung ist eine übergreifende Betrachtung, in der auch Ideen und Visionen Platz haben. Schlussendlich dreht es sich darum, wie die notwendigen Veränderungen gestaltet werden. Alleine können Städte und Gemeinden wenig ausrichten, eine Kooperation der Akteure ist erforderlich.

Die Ausstellung im Haus am Schaumainkai 43 ist in fünf Bereiche gegliedert und beschäftigt sich mit der effektiven Nutzung von Flächen, der Sicherung des Bestandes, mit neuen Formen des Wohnen, der Entwicklung der Peripherie und der Stärkung des ländlichen Raums. Besondere Bedeutung kommt den großen Themen Wohnen und Mobilität zu.

Christian Holl, einer der drei Kuratoren der Exposition, bemerkte: „Gegenwärtig kehren sich die Städte gegenseitig den Rücken zu. In den Köpfen steckt viel Trennendes, so gibt es Orte, in denen man arbeitet, und andere, in denen man lebt. Kein Wunder, dass wir werktäglich Hunderttausende Pendler haben, Tendenz weiter steigend.“ Notwendig sei ein Verständnis für die Region.

„Rhein-Main verdichtet sich im Zentrum zunehmend, die fünf großen Städte Frankfurt, Offenbach, Darmstadt, Wiesbaden und Mainz sind in 20 Minuten vom Flughafen aus erreichbar“, erklärt Felix Nowak. Seit Ludwig Landmann, von 1924 bis 1933 Oberbürgermeister von Frankfurt, entwickle sich die Region. „Der Traum vom Einfamilienhaus ist nicht mehr zeitgemäß“, unterstrich Nowak. Wenn in Offenbach einem Einwohner 178 Quadratmeter Siedlungs- und Verkehrsfläche zur Verfügung stehen, im Vogelsbergkreis dagegen 1418 Quadratmeter, heißt das zukünftig: Arme und Alte werden an den Rand gedrängt, weil sie steigende Mieten in den Städten nicht mehr bezahlen können. Eine gefährliche Entwicklung, bei der die Politik gefragt ist, um gegenzusteuern. Dass es auch anders geht, beweisen Länder wie die Schweiz und Dänemark. 60 Prozent der Deutschen leben in Ein- und Zweifamilienhäusern, das führt künftig zu Problemen, weil die Nachfrage nach kleineren Wohnungen wächst, Häuser im ländlichen Raum dagegen leer stehen.

Ähnlich sieht es im Verkehr aus. Während sich Pendler meist allein im Auto über volle Straßen quälen, fehlt es allenthalben an vernünftigen und vernetzten Mobilitätskonzepten. „Wir wissen längst, dass der Einzelne im Auto nicht so das Erfolgsmodell ist. Der Dieselskandal forciert die Verkehrswende“, äußerte Kai Vöckler. Deutschland ist noch kein Fahrradland – die Niederlande und Dänemark sind da schon weiter. „Mobilität soll auch Spaß machen“, sagte Völker und deutet auf das Foto der Ölhafenbrücke in Raunheim, „die sollten Sie mal mit dem Rad befahren“, rät der Kurator.

Bahnhöfe waren einmal die Visitenkarte der Stadt. Amsterdam hat das in den Griff bekommen, in Frankfurt ist noch viel zu tun.

Fünf internationale Architekturbüros waren eingeladen worden, um ihre Visionen für die Region zu präsentieren. Sie entwickelten interessante, mitunter radikale Ideen und bieten jede Menge Diskussionsstoff.

Die Ausstellung ist bis zum 14. Oktober im DAM zu sehen und wird von einem vielfältigen Programm begleitet.