Leuchtende, erfreuliche und brauchbare Keramik Erste Ausstellung des Werkes von Lore Kramer im MAK

Kuratorin Annika Sellmann mit Fliesen von Lore Kramer, dahinter das Foto des Kellers, links die Töpferscheibe. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – Vasen, Krüge, Schalen, Tassen, Kannen, Fliesen. Ganz kleine und ziemlich große. Blaue, weiße, türkisfarbene, braune, grüne, graue. Rund 300 Keramiken von Lore Kramer sind im Erdgeschoss des Museums Angewandte Kunst unter dem Titel „Ich konnte ohne Keramik nicht leben“ zu sehen. „Es ist schon eine besondere Ausstellung, wie gleich in der Überschrift deutlich wird“, stellte Museumsdirektor Matthias Wagner K fest. Vor etwa anderthalb Jahren rief eine der drei Töchter von Lore Kramer an und bat, sich die Keramiken ihrer Mutter anzuschauen. Wagner K kam und erblickte im Keller gestapelte Kostbarkeiten. „Es war wie eine Edelsteinsammlung“, sagte der Direktor. Eine große Schwarz-Weiß-Fotografie verdeutlicht den damaligen Eindruck. „Das Foto gleicht einem Kokon, aus dem sich nun ein schöner bunter Schmetterling entwickelt hat“, bemerkte Wagner K.

Der Werkstattcharakter der Exposition wird durch die fußgetriebene Töpferscheibe verstärkt. Keramiken aus China, Japan, Korea, dem Iran und Deutschland, alles Objekte aus der eigenen Museumssammlung, komplettieren die Ausstellung im Außengang und erzählen so etwas über 4000 Jahre Keramikgeschichte. Viele Fotografien und einige Objekte berichten ebenfalls im Außengang etwas über die Entwicklung von Lore Kramer, die 1926 als Lore Koehn in Berlin geboren wurde, 1944 das Abitur ablegte und von 1946 bis 1948 an der Kunstakademie Stuttgart Bildhauerei studierte. „Eigentlich wollte ich tatsächlich Bildhauerin werden, aber mein Vater wollte, dass ich ein Handwerk lernte.

So kam ich 1949 an die Landeskunstschule Hamburg und lernte Otto Lindig, den besten Keramiker Deutschlands kennen“, erzählte Lore Kramer. Stücke ihrer Gesellenprüfung sind in der Exposition zu sehen und zeugen von Freud und Leid des Keramikers. „Jedes Mal wurde die Ofentür mit Herzklopfen geöffnet, gab es unbeschreibliche Freude, aber auch bittere Enttäuschungen – wie schon während meiner Lehrzeit am alten Kohleofen bei Otto Lindig“, schreibt Kramer im zur Ausstellung erscheinenden Katalog.

Leiterin der Keramikklasse der Werkkunstschule Offenbach

1956 wird sie Leiterin der Keramikklasse der Werkkunstschule Offenbach. Sie erprobt gemeinsam mit den Studenten verschiedene Techniken, Zusammensetzungen und das Verhalten von Glasuren. Was ist das beste Verhältnis von Feldspat, Quarz, Kreide und Zinkoxyd? Welche Formen lassen sich erreichen, wo sind die Grenzen? „Ich wollte in den über 30 Jahren an der Kunstschule in Offenbach bei den Studenten Begeisterung wecken, ihnen das Streben nach Vollkommenheit nahe bringen“, berichtete Kramer.

Als in den 1970er Jahren die Schule umstrukturiert und in Hochschule für Gestaltung (HfG) umbenannt wurde, gab es im Fachbereich Produktgestaltung die Keramik leider nicht mehr im Studienprogramm. Nur noch ein Tag wöchentlich blieb Lore Kramer, um mit Studierenden in der Werkstatt zu arbeiten. „Ich war totunglücklich“, verriet sie. Aber sie entdeckte eine neue Leidenschaft: Designgeschichte. Bei ihrem Mann, dem Architekten Ferdinand Kramer (1898 bis 1985), den sie 1961 geheiratet hatte, fand sie dafür viel Unterstützung.

Studenten bauen Ausstellung mit auf 

1988 wurde Lore Kramer emeritiert und die Lehrwerkstatt an der HfG endgültig geschlossen. Die Ausstellung im Museum Angewandte Kunst aber bauten Studenten der Hochschule für Gestaltung mit auf – und das ist weit mehr als eine Reminiszenz an die ehemalige Professorin. Im Begleitprogramm der Exposition, die bis zum 26. August zu sehen ist, gibt es in Kooperation mit der HfG Keramik-Workshops für Erwachsene unter dem Titel „X-perimente“. Mehr dazu ist unter www.museumangewandtekunst.de zu erfahren.