/Kritiken reichen von „fantastisch“ bis „entsetzlich“ Film „Fikkefuchs“ im Filmmuseum präsentiert

Urs Spörri (links) und Jan Henrik Stahlberg im Filmmuseum. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – Im nahezu ausverkauften Kino im Deutschen Filmmuseum stand in der Reihe „Was tut sich – im deutschen Film?“ „Fikkefuchs“ auf dem Programm. Drehbuch, Regie und eine der Hauptrollen: Jan Henrik Stahlberg. In 104 Minuten geht es um völlig verpeilte Männer, ihre seltsamen Vorstellungen von Sexualität, um eine Vater-Sohn-Geschichte, um Selbstwahrnehmung, Realität und männliche Ohnmacht.

Schon der Anfang provozierte Gelächter: „Ich mag junge Frauen, ich bin mir da treu geblieben. Ich will das Reh, stolz, schüchtern und schwer, sehr schwer zu kriegen. Die ausgediente Hirschkuh am Wegesrand interessiert mich nicht …“ hört man Rocky, einen 49-jährigen allein lebenden Mann mit strähnigen Haaren, einer beginnenden Glatze, einer abgetragenen Lederjacke und einem sich allmählich formenden Spitzkühlerbauch, während er durch den Supermarkt trottet. In seiner schäbigen Wohnung sitzt er an den „Memoiren eines Frauenverstehers“ und findet sich großartig. Bis Thorben (Franz Rogowski) an seine Tür klopft und sich als sein Sohn vorstellt und vom großen Don Juan lernen will, wie man Frauen erobert. Die zwei begeben sich auf die Jagd nach dem weiblichen Geschlecht, es endet – man ahnt es – in einer Katastrophe.

Im anschließenden Gespräch fragte der Journalist, Moderator und Filmkritiker Ulrich Sonnenschein nach dem Titel, der schon ein bisschen irritiert und Anstoß erregen könnte. „Fack ju Göthe“ sei ja auch gegangen, meinte Stahlberg. Die Idee zum Film hatte übrigens Mitautor Wolfram Fleischhauer, der eine Antwort auf die „Vagina-Monologe“ (1996) geben wollte. „Braucht so ein Film Mut?“, fragte Sonnenschein. „Mut und Übermut liegen nah beieinander. Ich mag Filme, die mich überraschen, die Ironie sollte verstanden werden.

Schaupieler aus dem Tatort

Das man es in dem Film mit zwei Honks zu tun hat, fällt jedem auf“, antwortete Stahlberg. „Der Richard Ockers ist schon heftig“, sagte Sonnenschein. „Ja. Ich weiß, die Glatze sieht scheiße aus. Aber im Film gibt es nichts Großartigeres, als sich selbst zum Horst machen zu dürfen“, äußerte Stahlberg alias Rocky alias Richard Ockers. Er weiß auch: „Mit solchen Filmen ist es absolut schwierig, Geld zu verdienen.“ Stahlberg, als Schauspieler unter anderem aus mehreren „Tatorten“, aus „Alarm für Cobra 11“ und aus „Muxmäuschenstill“ (2004) bekannt, erklärte: „Die Honks sind einem aber nicht ganz fremd. Sie sind zwar überfordert, gehen aber auch nahe – beispielsweise, wenn Thorben seinem völlig betrunkenen Vater hilft.“

Die ihm in anderen Interviews gestellte Frage, warum im Film pornografische Szenen gezeigt werden, fand Stahlberg bigott angesichts der Tatsache, dass Pornoseiten im Internet mehr besucht werden als Nachrichtenseiten. „Ich mache doch auch keinen Film über Angler, in dem keine Fische gezeigt werden“, verdeutlichte er. Auf eklige Bilder angesprochen, bemerkte Stahlberg: „Fäkalhumor stand für mich nicht im Vordergrund. Es geht um einen Abend, der schön werden sollte und in der Katastrophe endet.“

Per Crowdfunding-Kampagne finanziert

Seinen Filmpartner Thorben (Franz Rogowski) habe er im preisgekrönten „Love Steaks“ gesehen, war begeistert und wollte mit ihm arbeiten. Finanziert wurde „Fikkefuchs“ mit einer Crowdfunding-Kampagne. „Ich habe nichts gegen Filmförderung, profitierte selbst schon davon. Aber dann reden eben sehr viele mit“, kommentierte Stahlberg. So musste der Film mit einem schmalen Budget auskommen. Mitten in der „Me Too“-Diskussion bekommt der Film noch eine andere Gewichtung: „Diese Debatte ist für den Film Fluch und Segen gleichermaßen, davon hatten wir ja beim Dreh nichts geahnt“, erklärte Stahlberg. Dass die Satire und Tragikomödie in den Tagesthemen am 13. November erwähnt wurde, erstaunte ihn: „Ich habe zweimal hinschauen müssen, als Rocky und Thorben hinter Caren Miosga auftauchten“, lachte der Autor und Schauspieler. 

Am selben Tag, nur ein paar Stunden vor den Tagesthemen, erklärte Karola Brack, Sprecherin der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF), noch das Verbot, das Filmplakat in Frankfurt zu zeigen, so: „Wir halten die Werbung für sexistisch.“ Einige Tage später stellte der Leiter der Unternehmenskommunikation der VGF, Bernd Conrads, klar: „Das Thema wurde Anfang der Woche in einem größeren Gremium nochmals erörtert, diesmal mit einem anderen Ergebnis. Der Filmverleih wurde informiert, dass die Plakate gehängt werden können.“