Bürgerfragestunde im Ortsbeirat Flüchtlingsunterkunft im Sachsenhäuser Länderweg

Dr. Matthias Bollinger (links) und Kolja Müller. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – In der Bürgerfragestunde vor der Sitzung des Ortsbeirats fünf (Niederrad, Oberrad, Sachsenhausen) haben am vergangenen Freitag Kolja Müller von Stabsstelle Flüchtlingsmanagement und Dr. Matthias Bollinger, der stellvertretende Kreisverbandsarzt des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Frankfurt, über die jüngste Flüchtlingsunterkunft in Sachsenhausen gesprochen. „Wir möchten uns zunächst entschuldigen, dass wir jetzt erst informieren“, sagte Müller direkt zu Beginn.

„Die Unterkunft im Länderweg ist seit dem 6. Januar bewohnt – eigentlich sprechen wir immer vorher mit den Bürgern. Nur in diesem Fall ist alles viel schneller gegangen.“ In der Stabsstelle kümmern sich seit November etwa 20 Mitarbeiter um die Belange der Flüchtlinge. Müller nannte Zahlen: 2015 seien 3 300 Flüchtlinge in der Stadt fest zugewiesen worden, davon mussten 900 in Hallen untergebracht werden. Außerdem leben in Frankfurt 700 unbegleitete minderjährige Ausländer und 1 100 Asylbewerber in der vom Land eingerichteten Unterkunft im ehemaligen Neckermann-Gebäude.

14 Menschen in einem Zimmer

Müller nannte Zahlen: 2015 seien 3 300 Flüchtlinge in der Stadt fest zugewiesen worden, davon mussten 900 in Hallen untergebracht werden. Außerdem leben in Frankfurt 700 unbegleitete minderjährige Ausländer und 1 100 Asylbewerber in der vom Land eingerichteten Unterkunft im ehemaligen Neckermann-Gebäude. „Jeden Mittwoch bekommen wir zwischen 180 und 200 Menschen neu zugewiesen“, erklärte Müller. Die Stabsstelle habe eine eigene Abteilung, die sich um Unterkünfte bemühe – ein schwieriges Unterfangen in Frankfurt, denn freie Wohnungen stünden kaum zur Verfügung.

„Wir erwarten 2016 etwa 10 000 weitere Flüchtlinge. Es ist gut, dass es ein breites Bündnis an Mitstreitern gibt“, stellte Müller fest. Zur Unterkunft im Länderweg erläuterte der Mitarbeiter der Stabsstelle: „Bis zum 31. Mai können wir diese Container nutzen, die eigentlich als Ausweichgebäude für Schulen gedacht sind. Gegenwärtig leben dort 377 Menschen – Familien, Kinder, Jugendliche – in Zimmern zu 14 Personen.“ Insgesamt könnten 450 Menschen dort untergebracht werden.

Matthias Bollinger – das DRK ist Träger der Unterkunft – ergänzte: „Schon vor der großen Flüchtlingswelle im November wurde nach Unterkünften gesucht. Wir sind froh, dass uns das Schulamt nun die zeitweilige Nutzung der Container ermöglicht.“ Die Flüchtlinge kommen aus der Erstaufnahme in Gießen, stammen aus Afghanistan, Syrien, Eritrea. „Alle Menschen wurden registriert und untersucht, viele von ihnen werden wohl in Frankfurt bleiben.“ Die Flüchtlinge hätten eine lange Liste von Aufträgen bekommen, seien deshalb tagsüber unterwegs, um alle Ämter, Behörden und Einrichtungen aufzusuchen. Solche Aufgaben sollten sie zunehmend selbstständig erledigen.

„Die Sicherheit des Geländes ist uns wichtig, wir müssen wissen, wer sich auf diesem Gelände befindet. Aus diesem Grund können wir auf dem Areal selbst keine zusätzlichen Angebote unterbreiten, aber anderswo natürlich gerne“, erklärte Bollinger. Die Flüchtlinge sollten zur Ruhe kommen, das sei elementar. Sie hätten zwar die Flucht aus ihrer Heimat als gemeinsames Bindeglied, bildeten jedoch keine Solidargemeinschaft. Es gebe zum Beispiel traditionell Animositäten zwischen Eritreern und Äthiopiern. „Wir wollen, dass die Menschen unsere Angebote annehmen“, betonte Bollinger. Auf anständiges Essen, Sauberkeit, Hygiene, trockene und warme Räume legten die Betreiber Wert.

Es gebe Begehungen, man trete freundlich, aber bestimmt auf. „Wir haben ein professionelles Team vor Ort. Der Internationale Bund übernimmt die Sozialberatung. Wir suchen weitere Sozialarbeiter und auch Kindererzieher, um eine Kinderbetreuung anbieten zu können“, sagte der Arzt und fügte hinzu: „Es ist ruhig und friedlich im Länderweg.“ Eine Einschätzung, die von dem anwesenden Polizeibeamten geteilt wurde.

„Spielregeln müssen klar sein“

Nach diesen ausführlichen Informationen hatten die Bürger das Wort. „Schade, dass so spät über die Unterkunft informiert wird“, sagte Roland Limberg. „Das führte zu Irritationen. Aber alle Hochachtung vor ihrer Arbeit.“ Einige Bürger forderten gerade auf der Strecke zwischen dem S-Bahnhof Mühlberg und dem Lettigkautweg eine bessere Beleuchtung – und das habe nicht unbedingt mit der Flüchtlingsunterkunft zu tun, es sei ohnehin notwendig. Kolja Müller versprach, sich darum zu kümmern, auch Kontakt mit der Deutschen Bahn aufzunehmen.

Auf eine andere Frage antwortete Müller: „Die Menschen bleiben so lange in Frankfurt, wie das Asylverfahren dauert – gegenwärtig sind das neun bis zwölf Monate. Wie viele dann Frankfurt verlassen, ist ungewiss.“

„Die Stimmung ist um den Jahreswechsel gekippt, wir spüren das und nehmen das ernst. Neun Sicherheitsleute sind rund um die Uhr im Länderweg präsent, regelmäßig kommen in allen Unterkünften Polizeistreifen vorbei“, erklärte Matthias Bollinger. „Die Spielregeln müssen klar sein in den Unterkünften, die Flüchtlinge lernen, dass das Gastland verlässlich ist.“

Es gab an diesem Abend aber auch viele Fragen, wie der Einzelne helfen könne. Eine Bürgerin brachte es auf den Punkt: „Ich will mich einbringen, habe aber verstanden, dass es nicht sinnvoll ist, wenn man mit Kleidern zur Unterkunft tendert. Was kann ich tun?“ Müller und Bollinger verwiesen auf die im Herbst gegründete Initiative „Frankfurt hilft“, im Internet kann man sich dazu unter www.frankfurt-hilft.de informieren.

Nach der offiziellen Bürgerrunde wurden Kolja Müller und Matthias Bollinger vor dem Saal noch vielfach angesprochen – dadurch nahmen sie weitere Hilfsangebote, Tipps und Anregungen mit. „Das war eine gute Veranstaltung“, lautete das Resümee der beiden. Die Bürger empfanden das vielfach genauso. Und wissen nun mehr über ihre Nachbarn in der Unterkunft.