Ausstellung von Künstlern der Becher-Klasse im Städel Museum Fotografien werden Bilder

The Hirose Family, Hiroshima 1987, von Thomas Struth – vorn der Katalog zur Ausstellung. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – Im ersten Raum der Ausstellung hängt die Serie „Kohlesilos“, neun Schwarz-Weiß-Aufnahmen, stets frontal, das Silo in zentraler Perspektive festgehalten, alle im gleichen Format. Es sind Fotografien von Bernd und Hilla Becher, entstanden 1969 bis 1989. Bernd Becher wurde 1976 Professor am neu begründeten Lehrstuhl für künstlerische Fotografie an der Düsseldorfer Akademie, den er 20 Jahre lang in enger Zusammenarbeit mit seiner Frau Hilla innehatte. Die Bechers begleiteten fotografisch den Untergang der Industriekultur, schufen Typologien dieser Bauten und damit weit mehr als bloße Dokumentationen. Ihre Arbeiten befinden sich in der Nähe zur Minimal Art und zur Konzeptkunst.

1959 hatten die Bechers ihre Kooperation begonnen, in einer Zeit, in der die Fotografie längst noch nicht als künstlerisch eigenständig anerkannt wurde. Es sollte noch etwa 20 Jahre dauern, bis sich die radikale Veränderung im Umgang mit dem Medium Fotografie allmählich durchsetzte. „Malerei geht nicht ohne Fotografie und umgedreht“, sagte Kurator Bernd Engler zur Eröffnung der Exposition, in der rund 200 Arbeiten der Bechers sowie ihrer neun Studenten Candida Höfer, Axel Hütte, Thomas Struth, Volker Döhne, Petra Wunderlich, Tata Ronkholz, Thomas Ruff, Andreas Gursky und Jörg Sasse gezeigt werden. „In den frühen Arbeiten löst sich die Fotografie vom Einzelbild, Gruppen und Serien entstehen, die Kamera wandert um das Objekt herum – ein Versuch, die Komplexität festzuhalten, eine Fortsetzung der Malerei mit fotografischen Mitteln“, erläuterte Engler.

In weiteren Räumen der Ausstellungen werden Format, Farbe, Porträt, Interieur, experimentelle Gestaltung und Monografie thematisiert. Die Exposition setzt sich im Obergeschoss fort, dort wird der technische Wandel von der analogen zur digitalen Fotografie gezeigt.

Candida Höfers farbige Aufnahmen von Innenräumen – Bibliotheken, Museen, Wartesäle – sind in ihrer ikonenhaften Strenge beeindruckend.

Straßen, abgebildet als kulturelle Strukturen, sowie Familienporträts werden von Thomas Struth gezeigt. Kirchen und Steinbrüche in Schwarz-Weiß-Bildreihen von Petra Wunderlich sind in einem Kabinett zu sehen und erscheinen als abstrahiertes Kompositionsgefüge. „Kleineisenindustrie“, „Kleine Eisenbahnbrücken und Unterführungen im Bergischen und Märkischen Land“ sowie die Reihe „Bunt“ sind Volker Döhners Arbeiten betitelt. Thomas Ruffs Porträts und Interieurs nehmen die serielle Methodik seiner Lehrer auf. Axel Hüttes Bildgestaltung lebt von Distanz und Anonymität, seine Architekturausschnitte befragen zudem soziale Situationen. Außerdem beschäftigt er sich mit der Malerei als Leitmedium der Moderne. Arrangements kleinbürgerlicher Wohnkultur sind Gegenstand in Jörg Sasses Fotografien. Er bearbeitet Inhalte analog und digital, die Grenzen von Malerei und Fotografie verschwimmen. Digitale Abstraktionen kennzeichnen auch Werke von Andreas Gursky, so entstehen irritierende Bilder zwischen Konstruktion und Wirklichkeit. Tata Ronkholz setzt Kioske und Einzelhandelsgeschäfte schwarz-weiß in Szene, ebenso Industrietore, stellt Einladendes Abgesperrtem gegenüber. Die Ausstellung zeigt Bilder aus über zwanzig Jahren. „Dabei waren die 1990er Jahre das Jahrzehnt der Fotografie, in dem der Betrachter aktiv gefordert wurde“, unterstrich Engler. „Die Auflösung der Gattungsgrenzen wie auch der Einsatz technischer Innovationen ist für die Werke der ersten Becher-Klasse charakteristisch. Hierin zeigen sich auch die Auswirkungen einer sich wandelnden Medienkultur“, fügt Ko-Kuratorin Jan Baumann hinzu.

Die Exposition ist bis zum 13. August im Städel Museum am Schaumainkai 63 zu sehen – vor dem Besuch kann man sich im Digitorial auf www.staedelmuseum.de informieren. Zur Schau ist ein über 250 Seiten starker Katalog erschienen, der detailliert und mit vielen Abbildungen die Werke der Becher-Klasse beschreibt.