Experten stellen neue Forschungsergebnisse vor Immuntherapien gegen Krebs

Professor Christian Brandts erläutert die Krebshäufigkeit, rechts sein Kollege Professor Jürgen Graf. Foto: jf

Sachsenhausen (jf) – Der 4. Februar ist seit 2006 Weltkrebstag. Im Vorfeld dieses Aktionstages stellten sieben Experten und Mitglieder des 2008 gegründeten Universitären Centrums für Tumorerkrankungen (UTC) am Universitätsklinikum Frankfurt neue Erkenntnisse vor.

Professor Jürgen Graf, Vorstandvorsitzender und Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums, begrüßte die Medienvertreter. Professor Christian Brandts, Direktor UCT, dem 50 Kliniken angehören, nannte Fakten: „Weltweit nehmen Krebserkrankungen zu. In Deutschland werden 2017 etwa 500.000 Neuerkrankungen erwartet, mit 230.000 Krebstoten rechnet das UTC in diesem Jahr. National ist Krebs nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache.

In näherer Betrachtung der Krebsarten sterben mit 24,8 Prozent die meisten Männer an Lungenkrebs, mit 17,5 Prozent die meisten Frauen an Brustkrebs. „Ein hoher Anteil der Krebserkrankungen könnte bei frühzeitiger Diagnose erfolgreich behandelt werden. Doch die Informations- und Präventionsangebote werden unzureichend genutzt“, sagte Brandts.

Neu entwickelt wurden Immuntherapien mit genetisch veränderten Immunzellen, Antikörpern und Herpesviren. „Allerdings sind wir bei den Immuntherapien erst am Anfang der Forschung“, sagte Brandts. „Genau deshalb ist Universitäts-Medizin wichtig und verdient mehr Unterstützung. Am Klinikum ist die Krankenversorgung deutlich komplexer, somit sind föderale Organisationen und Kostenträger gefragt“, unterstrich Graf.

Professor Sven Becker, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, nannte Beispiele: „Seit einigen Jahren ist bei jungen Mädchen vor dem ersten Geschlechtsverkehr eine Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs möglich, das ist eine Kassenleistung. Leider liegt die Impfquote nur bei 40 Prozent. In diesem Fall sind sowohl die Kinderärzte als auch die Öffentlichkeit gefragt, um entsprechend aufzuklären.“ Die bekannteste an dieser Krebsart Verstorbene sei wohl Evita Perón, die 1952 mit 33 Jahren sterben musste. „Heute hätte sie gerettet werden können“, sagte Becker.

„Wir verstehen jetzt, warum schon 100 Jahre alte Therapien wie das Bestrahlen von Tumorzellen wirken“, erläuterte Claus Rödel, Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Onkologie. Jetzt sei eine hochdosierte, äußerst präzise Bestrahlung in Kombination mit Checkpoint-Inhibitoren, einer Immuntherapie, möglich.

Checkpoints sind Schaltstellen im Immunsystem, die dafür sorgen, dass eine Immunreaktion auch wieder beendet wird. Krebszellen nutzen diese Funktion des Körpers aus, um eine Reaktion gegen den Tumor zu verhindern. Die neuen Therapien setzen darauf, genau diese Selbstheilungskräfte des Menschen wieder zu aktivieren.

Gut gelingt der Einsatz eines genetisch veränderten Herpesvirus beispielsweise bei der Behandlung maligner Melanome (bösartiger Hautkrebs). „Das patienteneigene Immunsystem wird damit stimuliert, die Melanomzellen werden erkannt und abgetötet“, erläuterte Professor Markus Meissner, Geschäftsführender Oberarzt der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie und Leiter der Dermatochirurgie und des Hautkrebszentrums.

„In den 1970er und 1980er Jahren hat sich die Stammzellenspende entwickelt“, erklärte Professor Hubert Serve, Direktor der Medizinischen Klinik II (Hämatologie, Medizinische Onkologie, Hämostaseologie, Rheumatologie, Infektiologie). Die Forschungen seien weitergeführt worden. „Bei Leukämie erzielen wir gute Erfolge, allerdings gibt es auch erhebliche Nebenwirkungen.“ Die Forschungsergebnisse werden nun auch auf andere Krankheiten ausgeweitet. „Es gibt jetzt Hoffnung auf Heilung in Fällen, in denen wir noch vor fünf Jahren nicht hätten helfen können“, sagte Serve.

„Jede zehnte Frau erkrankt an Brustkrebs. Die Früherkennung und die Therapien haben sich verbessert. Die Eigenschaften des Tumors sind entscheidend für die Behandlung, vor einer Operation setzen wir zum Teil neue Substanzen mit gutem Erfolg ein“, berichtete Professor Christine Solbach, stellvertretende Direktorin der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und Leiterin der Senologie und des Brustzentrums.

Zum Thema Hirntumore sprach Professor Joachim Steinbach, Direktor des Dr. Senckenbergischen Instituts für Neuroonkologie: „Hirntumore weisen eine hohe Komplexität auf. Die Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren wird getestet, die CAR-Zellen, genetisch manipulierte Zellen, werden bereits erfolgreich angewendet.“

Die Immuntherapien sind ein weiterer Schritt im Kampf gegen den Krebs. Warum sie allerdings nur bei 40 Prozent der Patienten erfolgreich sind, ist längst noch nicht erforscht.