Lebensgefühl, die Mode und den Stil einer Ikone Jil Sander hat eigene Ausstellung im MAK

Matthias Wagner K und Jil Sander vor dem Museum Angewandte Kunst. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – Wer hoffte, beim Pressetermin im Museum Angewandte Kunst Jil Sander mit im Podium zu sehen, wurde enttäuscht. Lediglich für ein kurzes Fotoshooting posierte die Modeschöpferin. Zuvor äußerte sich jedoch Kulturdezernentin Ina Hartwig zur neuen Ausstellung „Jil Sander. Präsens“: „Mode kann nicht ignoriert werden und ist eine Herausforderung zwischen Klischee und Individualität.“ 

Jil Sanders Mode sei „prophetisch und revolutionär“. Auf die mögliche Frage, warum erst jetzt die weltweit erste Einzelausstellung zustande gekommen sei, wusste Hartwig: „Jil Sander hatte bisher keine Zeit für so ein Projekt.“ Die Kulturdezernentin zog eine Parallele zur legendären Coco Chanel; sie, 60 Jahre früher als Jil Sander geboren, entwickelte die Eleganz der Schlichtheit in Verbindung mit hoher Handwerkskunst. „Als ich vor fünf Jahren Direktor des Museums Angewandte Kunst wurde, stand der Wunsch nach einer Jil Sander-Ausstellung schon auf meiner Liste“, bekannte Matthias Wagner K.

Vor anderthalb Jahren habe man sich in Hamburg getroffen, das 1985 eröffnete Gebäude Richard Meiers am Mainufer habe geholfen, Sander zu überzeugen. In jenen Jahren präsentierte die Modeschöpferin ihre Kollektionen zweimal jährlich auf der Mailänder Modewoche. 1989 ging das 1968 in Hamburg gegründete Unternehmen umfirmiert als Jil Sander AG an die Börse. 1997 wurde die erste Herrenkollektion entworfen, 1999 verkaufte Sander an die Prada-Gruppe. Bis 2013 war die Designerin aktiv und kreativ tätig. Inzwischen gehört Jil Sander zur japanischen Firma Onward Holdings Co. Ltd.

Tätigkeitsfelder werden dargestellt

„Es war ungewöhnlich für Jil Sander, zurückzublicken. Deshalb ist keine Retrospektive entstanden, sondern eine thematische Exposition mit Klangkompositionen. Erstmals wird auf rund 3000 Quadratmetern das ganze Haus bespielt, es werden viele der Tätigkeitsfelder Jil Sanders dargestellt.“ Jil Sander habe begeistert, auch die Mitarbeiter des Museums. Wagner K erklärte: „Viele Designer schaffen 95 Prozent – nur wenige auch noch die letzten fünf. Zu den wenigen gehört Jil Sander.“ Der Direktor und Kurator gab zu, dass ihn die Gespräche über die Ausstellung an der einen oder anderen Stelle „geschafft haben“.

Zu dieser 43. Ausstellung unter Leitung von Wagner K gibt es erstmals ein opulentes Buch. Die Exposition selbst ist eine Mischung aus Mode, Architektur, Farbe, Licht, Film, Text, Fotografie und Kunst und wird von Klangkompositionen von Frédéric Sanchez unterstrichen. Der Besucher enthält Einblicke in die Bereiche Laufsteg, Backstage, Atelier, Modekollektionen, Accessoires, Kosmetik, Modefotografie und Kampagnen sowie Gartenkunst. „Ich bin froh, eine Modedesignerin zu sein, weil man sich so direkt am menschlichen Körper ausdrücken kann“, sagte Jil Sander in einem ihrer wenigen Interviews 2004 im Times Magazine.

Fünf Minuten vor den Kameras

Im gleichen Jahr äußerte sie gegenüber der Welt am Sonntag: „Es leuchtet wieder. Ich habe mich verändert, bin heute offener, weniger priesterlich. Wenn man ein Kleid nur als Artistenwerk sieht, nimmt man sich damit selbst die Freude.“ Den Fotografen machte die pressescheue Modeschöpferin mit ihrem Team für fünf Minuten Freude – dann entschwand sie wieder. Fragen waren nicht erwünscht. Auch das gehört zu Jil Sander, die für Minimalismus, Understatement und Eleganz bekannt und berühmt ist. Die Ausstellung im Haus am Schaumainkai 17 ist bis zum 6. Mai zu sehen.