Über den Erfinder des Telefons bis zur Datenbrille Neue Ausstellung im Museum für Kommunikation

Museumsdirektor Helmut Gold erklärt am Beispiel der Erfindung des Telefons das Konzept der neuen Dauerausstellung. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – Die Dauerausstellung unter dem Titel „Mediengeschichte(n) neu erzählt“ im Untergeschoss des Museums für Kommunikation wurde in fünf Jahren konzipiert und in knapp fünf Monaten neu gestaltet. „Nach 1990 und 2004 erfindet sich das Museum wieder neu“, erklärte Direktor Helmut Gold. 500 Originalobjekte sind auf 2500 Quadratmetern zu sehen. 44 Themeninseln beleuchten vier zentrale Phänomene: Beschleunigung, Vernetzung, Kontrolle und Teilhabe. 

„Wir haben nicht nur ein neues Konzept, verknüpfen alte und neue Exponate, wir haben auch zehnmal stärkeres Licht als in der vorherigen Ausstellung“, bemerkte der Direktor. Während früher die Medien im Einzelnen betrachtet wurden, gibt es jetzt keine Chronologie mehr. „Der Rundgang gleicht dem Surfen im World Wide Web“, sagte Gold. Die Vorderseiten der Themeninseln sind individuell inszeniert, die Rückseiten bieten Vertiefungen zum Sujet.

In den Räumen der Galerie wird Kunst neu präsentiert. Außerdem sprechen 21 Experten in kleinen Filmen, die auf Monitor-Stelen gezeigt werden, über die mögliche Kommunikation im 21. Jahrhundert. Ein gewaltiger Zeitraum wird mit der neuen Dauerausstellung abgedeckt. Jeder Besucher kann für sich entscheiden, ob er sich stärker mit der Erfindung des Telefons oder der Datenbrille beschäftigen möchte. 30 interaktive Stationen verlocken dazu, selbst aktiv zu werden. Kommunikatoren beantworten Fragen. „Vielleicht entwickeln wir noch besondere technische Begleiter für die Dauerausstellung, aber unser Personal bleibt auf jeden Fall und steht Rede und Antwort“, ergänzte Gold.

Erfinder aus Gelnhausen hat große Idee

Wer hat denn nun das Telefon erfunden? Alexander Graham Bell oder Johann Philipp Reis? Dem aus Gelnhausen stammenden Reis gelang es 1861, eine funktionierende elektrische Fernsprechverbindung aufzubauen. „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat“ soll der erste öffentlich durchgesagte Satz gewesen sein bei einer Vorstellung der neuen Entwicklung vor Mitgliedern des Physikalischen Vereins in Frankfurt. Reis’ Apparat wurde von Bell weiterentwickelt und 1876 in Boston erstmals praktisch genutzt.

Interessieren könnte sich der Besucher auch für die Geschichte des Transatlantikkabels. Nach drei glücklosen Versuchen zwischen 1858 und 1866 gelang es schließlich, die Übersee-Kommunikation von vielen Tagen auf wenige Minuten zu verkürzen. „Die Kontinente rückten zusammen, das ist durchaus mit der Entwicklung des Internets vergleichbar“, sagte Gold. Beeindruckt das heute noch? Erstaunlicher ist für junge Besucher vielleicht das Experiment einer Schweizer Schulklasse, die auf ihrer einwöchigen Klassenfahrt auf das Handy verzichtete.

Zum Thema Rötngen-Schallplatten

Not macht erfinderisch, Verbote ebenfalls. Seit den 1930er Jahren war Westmusik in der Sowjetunion verboten. Selbst nicht alle russischen Künstler waren dem Stalin-Regime geheuer. Also wurden Röntgenfilme abgezweigt, um sie – vorher rund geschnitten – auf Schallplattenschneidern einzeln zu bespielen. Raubkopien auf durchleuchteten Händen und Hüften, Knochenmusik. Mit dem Aufkommen des Tonbands in den 60er Jahren verschwanden die Röntgen-Schallplatten. Es gibt viel zu entdecken in der neuen Dauerausstellung, sogar ein aphrodisisches Telefon von Salvador Dali – das steht in den Kunsträumen. Neugierde und Zeit sollte der Besucher mitbringen ins Haus am Schaumainkai 53. Oder besser mehrmals wiederkommen, denn ein erster Rundgang kann nur einen Überblick gewähren.