Saalbau Depot ist rappelvoll bei Infoveranstaltung Neue Unterkunft für Geflüchtete in Oberrad

Andrea Lehr, Katrin Wenzel, Manuela Skotnik, Peter Hovermann und Georg Radloff informieren über die geplante Unterkunft. F: Faure

Oberrad (jf) – Das Interesse an der Vorstellung einer Unterkunft für Geflüchtete, die bis 2020 in der Wiener Straße entstehen soll, war riesig. Im Podium informierten Andrea Lehr, stellvertretende Geschäftsführerin der Wohnheim GmbH; Katrin Wenzel, Stabsstelle Flüchtlingsmanagement; Manuela Skotnik, Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht; Peter Hovermann, Vorstand des Frankfurter Vereins, und Georg Radloff Abteilungsleiter der Bauaufsicht, über das Projekt.

Einleitend stellte Skotnik fest: „Es handelt sich um die Fläche gegenüber der Häuser Wiener Straße 130 bis 136. Keiner muss aus seiner Wohnung, im Gegenteil, die älteren Häuser werden saniert.“ Anhand von Zahlen erläuterte sie die Situation. Seit 2014 bekam Frankfurt über 7300 Asylbewerber zugewiesen. Rund 4900 davon sind noch in der Stadt. Pro Monat stehen 45 Auszügen etwa 80 Neuzugänge gegenüber. Da verschiedene Unterkünfte nur zeitlich begrenzt zur Verfügung standen, fehlen derzeit Plätze. „Eine Unterbringung in Sporthallen ist auf die Dauer nicht möglich. Es geht für die Menschen um existenzielle Entscheidungen“, sagte Skotnik.

266 Projekte wurden geprüft und als „nicht machbar“ verworfen. Ein geeignetes Projekt braucht eine baurechtliche Zustimmung, eine entsprechende Infrastruktur und sollte nicht neben einer bereits bestehenden Unterkunft für Geflüchtete eingerichtet werden. „Das Land weist uns 15 Geflüchtete pro Woche zu, wir konnten die Zahl momentan auf zehn reduzieren – allerdings ist das gestundet“, erläuterte die städtische Mitarbeiterin. Nicht nur in Oberrad, auch in Schwanheim, Haarheim, Berkersheim und Rödelheim sind weitere Unterkünfte geplant.

26 Wohnungen für 140 Personen geplant 

In Oberrad entstehen in einem dreigeschossigen Haus 26 Wohnungen für 140 Personen, die Nutzung ist zunächst für zehn Jahre gedacht und kann für zwei Mal fünf Jahre verlängert werden. Anschließend sollen die Wohnungen zum sozialen Wohnungsmarkt hinzukommen. Baubeginn ist Herbst 2018. Andrea Lehr erklärte zunächst, dass die Wohnheim GmbH, die auch Seniorenwohnanlagen betreibt und im sozialen Wohnen tätig ist, eine AGB-Tochter ist. Auf die Mitteilung, dass alle neuen Wohnungen für die Geflüchteten mit Balkon und Terrasse ausgestattet werden, gab es Zwischenrufe.

Katrin Wenzel unterstrich, dass die Wohnungen in erster Linie für Familien und Paare gedacht seien, die mindestens schon zwei Jahre in Frankfurt lebten: „Sie werden aus schlechten Unterkünften in bessere umgesiedelt.“ Betreiber des Objekts ist der Frankfurter Verein, der bereits Erfahrungen in Praunheim hat. Ein detailliertes Konzept werde noch erarbeitet. Sicher ist jetzt schon, dass ein Pfortendienst eingerichtet wird, der auch Ansprechpartner für die Nachbarn sein soll. Unter den 140 Geflüchteten werden zwischen 40 und 50 Kinder und Jugendliche im Alter bis zu 17 Jahren sein. „In Oberrad beträgt die Versorgung mit Kitas 94 Prozent, eine weitere Kita ist im Bau. Die Gruneliusschule könnte zusätzlich Kinder aufnehmen“, bemerkte Wenzel. Vor dem Bezug werde im Frühjahr 2020 für die Nachbarn eine Besichtigung der Wohnungen stattfinden.

Bürger stellen kritische Fragen

„Wir sind seit vielen Jahrzehnten in Oberrad präsent“, äußerte Peter Hovermann und bedankte sich für die Integration psychisch behinderter Menschen. Er erklärte, dass seit ein bis zwei Jahren aus den Praunheimer Werkstätten eine provisorische Unterkunft für Geflüchtete geworden sei. „Wir wollen schnelle Integration, unterstützen aber auch Rückkehrwillige“, bekundete der Vorstand. Eine gute Durchmischung in den Stadtteilen sei wichtig, langfristige Investitionen seien sinnvoll. Das Concierge-System habe sich bewährt.

In der anschließenden Diskussion meldeten sich viele Bürger zu Wort. „Der Standort ist sozial kritisch“, bemerkte der Kinderbeauftragte Roland Limberg, „und wo bleibt ein Spielplatz?“ Eine Durchmischung der Wohnanlage mit Geflüchteten und Menschen, die Anspruch auf eine Sozialwohnung haben, wäre besser. „Das ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich“, antwortete Lehr. Für das rund 6,5 Millionen Euro teure Projekt würden keine Fördermittel beantragt. Laut wurde der Ruf nach transparenter Abrechnung geäußert. Skotnik dazu: „Für einen Geflüchteten werden in Frankfurt etwa 1800 Euro pro Monat ausgegeben, das schließt die Regelleistung, die Unterbringung und die Betreuung ein.

Veranstaltung von Ängsten und Unwissen geprägt 

Zur Sicherheit äußerte sich Horst Conradi, Leiter Einsatz und Organisation beim achten Polizeirevier. „Mit geflüchteten Familien gibt es keine Probleme, das weiß ich aus meiner Arbeit in Griesheim und Nied. Wenn allerdings 200 junge Männer auf engem Raum untergebracht werden, kommt es zu Spannungen.“ „Haben die Leute eigentlich Papiere?“, wollte ein Bürger wissen. „Ja“, antwortete Wenzel, „alle haben Papiere. Illegale wohnen nicht in unseren Unterkünften.“ Georg Radloff sicherte zu, dass geprüft werde, ob der jetzige Spielplatz ausreicht. Thomas Morawski aus dem Ortsbeirat hätte sich Vertreter des Magistrats im Podium gewünscht und verlangte ein vernünftiges Sicherheitskonzept.

Peter Hovermann betonte: „Der Integrationswunsch derer, die bleiben dürfen, ist sehr groß.“ Eine Bürgerin mahnte: „Das mit den Flüchtlingen ist schon ok., aber wir sind auch wichtig!“ Die fast dreistündige Veranstaltung, bei der am Ende nur noch wenige Bürger im Saal waren, zeigte ein facettenreiches Bild, das einerseits von Ängsten und Unwissen, andererseits von dem Wunsch, Geflüchteten zu helfen, geprägt war. Nahezu einstimmig wurde der Wunsch geäußert, gemeinsam mit den neuen Bewohnern ein Fest zu feiern, so könne man einander am besten kennenlernen.